Gedächtnisrede auf Paul Erman.
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gewisser Organe beschrieben, ohne imstande zu sein, sie
auf ihren Grund zurückzu führen.49
Seit der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts hatten
zahlreiche Forscher sich bemüht auszumachen, ob eine
Volumveränderung des Muskels die Zusammenziehung
begleite, und welcher Art diese Veränderung sei. Man
wollte dadurch die Theorie der Zusammenziehung prüfen,
wonach die tierischen Geister die Muskeln aufblähen
sollten.50 Unabhängig von jeder theoretischen Vorstellung
mußte diese Frage im Beginn einer genaueren Unter¬
suchung der Muskelzusammenziehung sich aufdrängen,
besonders zu einer Zeit, wo die geringe Zusammen¬
drückbarkeit der tropfbaren Flüssigkeiten noch nicht so
bekannt, und die Unmöglichkeit einer ausgiebigen Volum¬
veränderung tierischer Gewebe also auch noch nicht so
selbstverständlich war wie jetzt. Gruithuisen und Erman
teilen sich in das Verdienst, hier zuerst die richtige
Antwort gegeben zu haben. Gruithuisen’s Versuch51 ist
etwas älter als der Erman’s, aber dieser erweckt weit
mehr Vertrauen. Erman tat ein aus dem Schwänze eines
lebendigen Aales geschnittenes Stück in einen gläsernen
Zylinder, auf den ein Kork paßte, durch welchen eine
enge Glasröhre ging. Der Zylinder wurde mit soviel
Wasser gefüllt, daß beim Aufsetzen des Korkes das
Wasser in der Röhre emporstieg und darin bis zu einer
gewissen Höhe stehen blieb. Erlitt das Aalstück bei der
Zusammenziehung eine Volumveränderung, so mußte
sie sich durch Schwankung dieser Höhe verraten. Die
Zusammenziehung des Aalstückes war leicht zu bewirken
mittels des elektrischen Stromes, der ihm durch zwei
Drähte zugeführt wurde. Der Erfolg war ein geringes
Sinken des Wassers in der Röhre, entsprechend einer
äußerst geringen Volumabnahme der Muskeln bei der
Zusammenziehung.52 Hr. Johannes Müller hat später
in betreff dieses Versuches bemerkt, daß er wohl un¬
zweifelhaft die Grenze der Volumveränderung des Muskels
angebe, wenn wirklich eine stattfinde, daß man aber noch
fragen könne, ob nicht bei der Zurichtung des Aalstückes
in die an der Schnittfläche klaffenden Arterien Luft ein¬
gedrungen sei, deren Zusammendrückung eine Volum¬
abnahme der Muskelsubstanz vorgetäuscht habe. Ehe