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X. Die Studierenden.
anerkannt wird, dag das Studium an landwirtschaftlichen Hochschulen
ein ebenso wissenschaftliches ist, wie an den Universitäten, so darf man
mit einer gewissen Sicherheit rechnen, dag die Semester bald ganz an¬
gerechnet werden.
Für die in Berlin studierenden Landwirte, selbst wenn sie, um
keine Schwierigkeiten betreffs Anrechnung der Semester zu haben, an
der Universität immatrikuliert waren, bestand aber lange Jahre noch
eine andere Schwierigkeit: Es konnte keine Dissertation aus dem Gebiete
der Landwirtschaft eingereicht werden. Das ist jetzt erfreulicherweise
anders geworden.
Am 17. Dezember 1900 fagte die philosophische Fakultät der
Berliner Universität auf Antrag des augerordentlichen Professors Ge¬
heimen Regierungsrat Orth den wichtigen Beschlug, dag bei der
Doktor-Promotions-Prüfung die Landwirtschaftslehre als Hauptfach
gewählt werden kann, aus dem das Thema der Dissertation entnommen
wird. Es werden für die Prüfung auger der Philosophie noch zwei
Nebenfächer vorgeschrieben, von denen das eine dem Gebiete der Natur¬
wissenschaften, das andere dem der Staatswissenschaften angehören soll.
Indes vollkommen ist der Wunsch der Hochschule damit nicht
erfüllt; denn immer bleibt es der philosophischen Fakultät Vorbehalten
zu bestimmen, wie viele Semester des Hochschulstudiums sie anrechnen
will. Eine volle Lösung der Frage ist nur dann zu erwarten, wenn
der landwirtschaftlichen Hochschule selber das Recht erteilt
wird, die Doktorwürde zu verleihen.
Bereits der verstorbene Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Frank hat
in seinem Rektoratsbericht dem Herrn Minister für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten diesen Gedanken unterbreitet, und nachdem
inzwischen die technischen Hochschulen in allen deutschen Landen die
Berechtigung zur Verleihung der Würde eines Doktor-Ingenieurs erhalten
haben, geben sich die landwirtschaftlichen Hochschulen der Hoffnung
hin, dag auch ihnen dieses Recht bald zuteil werde. Selbstverständlich
ist dabei, dag die Bedingungen zur Zulassung für das Doktorexamen
ganz dieselben sein müssen wie an den deutschen Universitäten, also
Maturitätszeugnis von einem humanistischen Gymnasium, einem Real¬
gymnasium oder einer Oberrealschule und mindestens dreijähriges
Studium an einer landwirtschaftlichen Hochschule oder an Universitäten.
Unsere Hoffnung erscheint um so berechtigter, als im Jahre 1905
der k. k. Hochschule für Bodenkultur in Wien, allerdings nachdem
diese statt eines dreijährigen Studiums ein vierjähriges eingeführt hat,
das Recht zur Verleihung der Doktorwürde erteilt ist. An der land¬
wirtschaftlichen Hochschule zu Portici besteht dieses Recht schon lange.