5. Prüfungen.
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Hauptbedingungen für die Anstellung der Landwirtschaftslehrer an
den Landwirtschaftsschulen sind jetzt, wie aus den im Anhang zu dieser
Festschrift abgedruckten Vorschriften erhellt: 1. Abiturientenexamen
eines Gymnasiums, Realgymnasiums oder einer Oberrealschule erster
Ordnung; 2. dreijähriges Studium an höheren landwirtschaftlichen Lehr¬
anstalten oder Universitäten und Bestehen der Prüfung für das Lehramt
der Landwirtschaft; 3. zwei Jahre praktische landwirtschaftliche Tätig¬
keit; 4. ein Probejahr als Lehrer an einer Landwirtschaftsschule mit
günstigem Erfolg.
Als Minimum soll bei der Prüfung die vollständig sichere Be¬
herrschung des betreffenden Lehrpensums der Landwirtschaftsschulen
(abgedruckt in Thiels Jahrbüchern Bd. VII 1. c. (vergl. Note auf voriger
Seite) verlangt werden; in Wirklichkeit wird bedeutend mehr verlangt,
da der Kandidat auch in den begründenden Fächern gute Kenntnisse
haben muß, um die eigentlichen praktischen Fächer auch wissenschaftlich
beherrschen zu können. — Die Prüfung ist demnach viel eingehender
als beim Abgangsexamen; um so erfreulicher ist es, dag sich trotz der
höheren Anforderungen mitunter Studierende der Prüfung unterziehen,
die gar nicht die Absicht haben, Landwirtschaftslehrer zu werden,
sondern die, weil sie im Besitz des Maturitätszeugnisses sind, eine Ehre
darin setzen, auch die höhere Stufe zu erklimmen und ihr Studium so
zu einem vollen Abschlug zu bringen.
Um denjenigen, welche als Landwirtschaftslehrer tätig sein wollen,
Gelegenheit zu geben, sich in der Pädagogik besser auszubilden, finden
laut Verfügung des Herrn Ministers für Landwirtschaft, Domänen und
Forsten vom 2. Juni 1891, bez. 21. September 1891 an einigen Land¬
wirtschaftsschulen, zunächst in Weilburg (Reg.-Bez. Wiesbaden) und in
Hildesheim, regelmägig Seminarkurse statt, welche zwei Halbjahre
umfassen und an der ersteren Anstalt im April, an der letzteren im
Oktober jeden Jahres beginnen.
Auf Anregung des Kgl. Landes-Ökonomiekollegiums vom 11. No¬
vember 1890 sind zur Teilnahme an diesen Kursen laut Verfügung des
Herrn Ministers vom 2. Juni 1891 auch solche Landwirte berechtigt,
welche als landwirtschaftliche Fachlehrer an landwirtschaftlichen
Winterschulen, Ackerbauschulen usw. oder als landwirtschaftliche
Wanderlehrer eintreten wollen, sofern sie an einer höheren landwirt¬
schaftlichen Lehranstalt oder einem landwirtschaftlichen Universitäts¬
institut studiert und die Abgangsprüfung bestanden haben.
Weniger bemittelte und würdige Kursisten erhalten Stipendien aus
Fonds der landwirtschaftlichen Verwaltung. — Es wird von dem Herrn
Minister darauf hingewirkt, nur solche Kandidaten als landwirtschaftliche
Fachlehrer anzunehmen, welche einen der vorbezeichneten Kurse mit
Erfolg durchgemacht haben.