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VI. Die landwirtschaftliche Abteilung.
ihrer natürlichen Beschaffenheit anzupassen. Die Folge dieser Erkenntnis¬
mängel war die Übertragung stellenweise bewährter Kulturmethoden
auf ungeeignete Moorböden und die Diskreditierung der Moorkultur
überhaupt.
Erst die Arbeiten der im Jahre 1877 als Organ der Zentral-Moor-
Kommission begründeten Moor - Versuchsstation in Bremen haben
hierin Wandel geschaffen. Ihr vornehmstes Bestreben war darauf gerichtet,
durch eine sachgemäße Vereinigung von Laboratoriums-Untersuchungen
und praktischen Feld- und Wiesenversuchen die für seine Kultivierung
besonders wichtigen Eigenschaften des Moorbodens kennen zu lernen,
Merkmale aufzufinden, wonach die verschiedenen Moorbodenarten
mit Rücksicht auf ihre landwirtschaftliche Verwertung in bestimmten
Kategorien sich unterbringen lassen und so eine Grundlage zu schaffen, von
der aus im gegebenen Fall die für das vorliegende Moor geeignete
Kulturmethode, die zweckmäßige Art der Bodenbearbeitung, Düngung,
Besamung von vorn herein bezeichnet werden kann.
Wohl sind hier noch viele Lücken unseres Wissens auszufüllen.
Jeder Tag zeitigt Erscheinungen, die sich nicht ohne weiteres auf bereits
Erkanntes zurückführen lassen, zahlreiche Fragen sind noch zu
lösen, um das Fundament der Moorkultur genügend zu sichern.
Dennoch hielt der Verfasser nach seiner Berufung auf den Lehrstuhl
der Chemie an der landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin im Anfang
der neunziger Jahre den Zeitpunkt für gekommen, um ohne großes Be¬
denken eine Vorlesung über die naturwissenschaftlichen Grundlagen der
Moorkultur ankündigen zu können.
Wenn er sich durch seine langjährige Beteiligung an den grund¬
legenden Arbeiten auf dem Gebiete des Moorwesens zu einem solchen
Unternehmen berufen fühlen durfte, so war er sich andererseits einer
Klippe wohlbewußt, die jedes neue, eifrig bearbeitete und in reger
Entwicklung befindliche Arbeitsfeld für den Lehrenden in sich birgt.
Die zahlreichen dem Forscher sich aufdrängenden Probleme führen
diesen naturgemäß zur Aufstellung von Hypothesen, die, so förderlich
und notwendig sie für den Fortschritt der Forschung sind, den mit
den Gängen und Irrgängen der Forschung nicht immer selbst vertrauten
Lehrer sehr leicht verlocken, ihre Beweiskraft zu überschätzen und sie
dem Schüler als feststehende Wahrheiten vorzuführen.
Daß gerade auf unserem Gebiete die neuere Zeit eine fast un¬
heimlich große Anzahl von Vorschriften und Regeln für die Behandlung
des Moorbodens hervorbringt, ist an sich ein erfreuliches Zeichen für
das rege Interesse, das augenblicklich der Moorkultur geschenkt wird,
und für den Eifer, womit die vorliegenden Kulturfragen angefaßt
werden. Aber es darf nicht außer acht bleiben, daß selbst der wissen¬
schaftlich gerichtete Versuchsansteller und wievielmehr noch andere,