Die akustischen Eigenschaften des Luftstromes.
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Diesen Ausschaltungsversuch hat J. Müller mit einem anderen kom¬
plettiert, wo ein Leichenkopf mit Larynx angeblasen wurde und durch positive
Zungen- bzw. Lippenbewegungen Klänge erzeugt wurden, die den Lauten
des lebenden Menschen ähnlich waren.
Anders haben neuerdings Katzenstein und Marage die Ausschaltung
zu verwirklichen versucht. Katzenstein (93) läßt sich, wie oben bereits
angegeben, bis zur Höhe der Stimmritze ein die Kehlbreite füllendes Rohr
einführen; der Ton wird von einem Phonautographen aufgenommen (Apparat
von Martens-Leppin, s. unten S. 97). In einer anderen Versuchsserie
wird das Rohr nur bis zum Kehlkopfeingang eingeführt und die Mundhöhle
mit Gaze tamponiert. Im ersteren Fall ist die Tonerzeugung nach Katzen¬
steins Erfahrung etwas schwer, besonders im Falsett; die Hervorbringung
anhaltender Töne gelang nicht. Im zweiten Fall soll nach Mar ages An¬
gaben die Erzeugung verschiedener Vokale möglich sein. Das Verfahren
von Marage (119) weicht nur darin ab, daß er die Mundhöhle mit Stents
füllt. — Ganz rein kommt der Kehlton eigentlich nicht, da die eingeführte
Röhre auch als Ansatzrohr wirken muß.
Den Anteil der verschiedenen Teile des Ansatzrohres untersucht auch
Katzenstein (ebenda) durch partielle Ausschaltung oder Änderung des¬
selben. Ein Ton, z. B. a, wird sukzessiv aufgenommen: mit normaler Aus¬
sprache; mit geschlossener Nasenöffnung; mit stark hängendem Zäpfchen;
mit Ausschaltung der Nasenhöhle, indem ein Obturator das Velum dicht
gegen die Rachenwand drückt.
Die Registriermethoden.
Die vollständigste Versuchsmethode ist auch hier die Registrierung der
die Tonempfindungen erzeugenden Luftschwingungen. Die akustischen Re¬
gistriermethoden kann man praktisch in zwei Gruppen einteilen, je nachdem
die aufgenommene Spur des Vorganges eine akustische Wiedergabe ge¬
stattet oder nicht. Im ersten Fall kann durch das Abhören die Aufnahme
bezüglich ihrer Richtigkeit einfach kontrolliert werden, im zweiten Fall fällt
diese Kontrollmöglichkeit aus und muß durch andere ersetzt werden. Die
zweiten Methoden wollen wir unter dem Namen Phonautographie, die
ersten unter dem Namen Phonographie zusammenfassen.
Abteilung I.
Die Phonautographie.
Optische Methode.
Die direkte Photographie der Luftschwingungen. — Theoretisch be¬
trachtet wäre eine direkte optische Aufnahme der Luftschwingungen, ohne
die Vermittlung von Hebeln und Membranen, die ideale Registrierung. Die
bei diesem Verfahren zu überwindenden Schwierigkeiten sind aber sehr groß,
und tatsächlich ist m. W. nur ein Versuch gemacht worden, die akustischen
Vorgänge in dieser Weise zu untersuchen, nämlich die Interferenzmethode
von Raps (120).
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