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J. Poirot, Die Phonetik.
Mit den Beobaclitungsmitteln kommt man hier nicht weit. Die Richtung
des Luftstromes kann man noch gut bestimmen, und über den Luftdruck
bei Verschlußlauten und die relative Geschwindigkeit bei Offnungslauten
läßt sich etwas ermitteln; das ist aber wenig und genügt überhaupt nicht.
Die Versuchsmethoden sind hier unerläßlich.
Der Druck, die Geschwindigkeit und die Menge des Luftstromes sind
miteinander durch gewisse Relationen verbunden. Ist speziell l der Quer¬
schnitt (Lumenweite) des Ausflußrohres oder der Flüssigkeitssäule, s die
Stromgeschwindigkeit und v das Volum, so besteht die Gleichung
(2) v = l s.
Die Geschwindigkeit selbst hängt auch vom Druck ab. Die Anwendung der
Formeln von Bernoulli oder Poiseuille, die die Stromge¬
schwindigkeit der Flüssigkeiten unter regelmäßiger Strömung
angeben, wäre aber illusorisch. Das Ansatzrohr hat bekannt¬
lich eine höchst unregelmäßige Form mit vielen Erweiterungen
und Engebildungen, die notwendig Wirbel verursachen müssen;
außerdem ist der Luftstrom in der Höhe der Stimmritze
kolossal rasch und mit den stärksten Sturmwinden vergleichbar.
Unter solchen Umständen versagen die genannten Formeln;
und für solch komplizierte Wirbelverhältnisse kennt man bisher
kein Gesetz.
Da die Untersuchung der Verhältnisse innerhalb und
außerhalb des Ansatzrohres öfters verschiedene Instrumente
oder Anordnungen erfordert, halte ich es für zweckmäßig, den Gegenstand
dementsprechend einzuteilen.
Fiff. 32.
Respirations¬
maske mit Klappe
nacliGutzmann.
Abteilung I.
Die Untersuchung des Luftstromes außerhalb des Ansatzrohres.
A. Die Auffangung und einfache Registrierung des Luft¬
stromes. — Wenn man nur die Ausströmung aus dem Mund zu registrieren
braucht, so nimmt man einen der Mundspalte angepaßten Mundtrichter
aus Glas oder Metall. Sehr bequem ist die von Rousselot gebrauchte
Form, die man auf Fig. 50 sieht. — Für den Nasenluftstrom benutzt man
am besten die Verdinschen, eiförmig erweiterten Nasenröhren (olives
nasales), die aus Glas in verschiedenen Größen erhältlich sind. — Will man
den gesamten Luftstrom (Nase + Mund) untersuchen, so kann man Mund¬
trichter und Nasenröhren verbinden; besser ist jedoch die Anwendung der
Respirationsmaske, die man z. B. aus Blei anfertigt. Sie reicht oben
bis zur Nasenwurzel, seitwärts hinter die Mundwinkel, unten bis zur Grube
zwischen Unterlippe und Kinn. Gutzmann (75) versieht seine Maske nach
vorn mit einer beweglichen Klappe, welche erlaubt, die Zuleitung zum Schreib¬
apparat nach Bedarf her- oder einzustellen (Fig. 32).
Je nach dem Zweck des Versuches ist die Art der Auffangung ver¬
schieden. Wenn man den ganzen Luftstrom braucht (z. B. für die Unter¬
suchung des Volums oder der Geschwindigkeit), so muß der Mundtrichter,
bzw. die Maske überall dicht angelegt sein, und beide Nasenöffnungen werden