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J. Poirot, Die Phonetik.
Der Gaumen wird, je nach der Grundfarbe, mit verschiedenen Pulvern
bestreut. Hagelin (63) verwendet Pastell, Rousselot (7) Kaolin oder
Kreide, Gombocz (56) blaues Pulver. Scripture (64) empfiehlt, wenn
man weißes Filtrierpapier dazu verwendet, dasselbe vor der Modellierung
in eine Lösung von Kobaltchlorid einzutauchen, wodurch es eine Rosa¬
färbung annimmt. Vor dem Gebrauch wird der Gaumen über einer Flamme
getrocknet und wird dann blau. An allen Kontaktstellen verwandelt aber
die Feuchtigkeit der Zungenfläche die Farbe wieder in Rosa.1) — Die Ab¬
bildung der Zungenkontakte wird entweder photographiert (Hagelin, a. a. 0.)
oder gezeichnet. Um die Zeichnung zu erleichtern, empfiehlt Rousselot, den
losen Gaumen mit einem Netz von Längs- und Querlinien zu versehen (ebenso
Scripture (64)), oder eine Anzahl Löcher zu bohren, die zur Orientierung
dienen. Am sichersten ist es natürlich, die Palatogramme zu photographieren.
Wenn man an sich selbst untersucht, kann man seinen losen Gaumen
nach jedem Versuch photographieren, abwischen, vorbereiten usw. Dieses
Verfahren ist aber zeitraubend. Wenn man an einer Versuchsperson unter¬
sucht, die man nicht unnötig lange aufhalten will, so muß man schneller
operieren. Auf meinem Laboratorium wende ich folgendes Verfahren an, das
sich durchaus bewährt hat. Prinzipiell will ich für jede Aufnahme ein fertiges
Exemplar vom losen Gaumen zur Hand haben. Ich lasse also auf der zahn¬
ärztlichen Klinik der Universität nach dem genommenen Abguß ein massives
Negativ aus Zink und ein ebenfalls dickes Positiv aus Blei oder Zink her-
stellen. Zur Anfertigung des losen Gaumens gebrauche ich dünne Zinnplatten
(die man z. B. durch Aufschneiden von Zinutuben bekommt, aber auch von
Metallfirmen in der gewünschten Dicke ausgewalzt erhalten kann) von passen¬
der Größe, die auf dem Amboß zwischen den beiden Metallabgüssen gehämmert
werden. Ich schneide die Ränder so, daß die Hälfte der unteren Fläche der
Backzähne und die Vorderzähne stehen bleiben, und erhalte leicht eine Anzahl
von Zinnfolien, deren jede für je eine Aufnahme gebraucht wird. Vor der
Benutzung kann man noch den losen Gaumen auf dem Negativ mit dem
Finger modellieren, damit er sich dem Gaumen genau anschmiegt. Statt
der Bestreuung mit Pulvern gebrauche ich die Berußung nach dem kalten
Verfahren. Um das Anhaften des Gaumens zu erleichtern, streue ich auf
die Oberseite etwas Tragakantgummi. Das erhaltene Exemplar wird später
in Harzlösung fixiert. Sollte der Versuch mißlingen, so wird die Rußschicht
abgewischt. Alle diese Vorbereitungen werden vor dem Versuch erledigt,
der rasch von statten gehen kann. — Die einzelnen Aufnahmen werden,
womöglich vor der Fixierung, photographiert. Dazu werden sie auf das
Metallnegativ gebracht und alle unter gleichen Umständen aufgenommen, da¬
mit die Bilder direkt vergleichbar sind. Auch vom leeren Negativ nehme ich
zuerst eine Photographie, die mir eine exakte Projektion des Munddaches mit
allen Einzelheiten gibt. Auf den erhaltenen Negativplatten zeichne ich die
Artikulationsumrisse durch und mache daraus die halbschematischen Bilder.2)
1) Das Papier bat jedoch den großen Nachteil, daß es zu dick ist und seine ur¬
sprüngliche Form gar zu leicht verliert.
2) Gutzmann bespricht (9) S. 163 ein ähnliches Verfahren: dünne Metallstreifen
werden nach dem Profil des Gaumens gebogen und berußt. Die Anwendbarkeit dieser
Methode ist aber beschränkter als die der obigen.