Die Phonetik.
von
J. Poirot in Helsingfors.
(Mit 106 Textfiguren.)
Vorwort.
Daß das vorliegende Handbuch die phonetischen Methoden umfaßt, braucht erst
nicht der Rechtfertigung. Die phonetische Wissenschaft hat sich seit den 70er Jahren
dahin entwickelt, daß die Methoden der Naturwissenschaften einen immer größeren
Raum einnehmen, nicht nur in der Erforschung der allgemeinen Probleme, die mit der
Physiologie und der Physik eng Zusammenhängen, sondern auch in der Untersuchung
der spezielleren Fragen, wie sie bei dem philologischen Studium der lebenden Sprachen
begegnen. Die Hauptresultate dieser neuen Forschungsrichtung sind bereits in den
zwei bekannten Handbüchern von Rousselot (7) und Scripture (8) zusammengefaßt
worden, wo man auch über die Methoden viele Erklärungen findet.
Die vorliegende Darstellung enthält nur die Methoden. Demgemäß wird man im
Literaturverzeichnis keine Bibliographie der phonetischen, nicht einmal der experi¬
mental-phonetischen Arbeiten finden; ich habe, soweit möglich, nur solche Arbeiten an¬
geführt, die für die Entwicklung der Methodik Neues und Wichtiges bringen1'. Inner¬
halb dieses beschränkten Gebietes habe ich mich bemüht, nichts von Belang zu übersehen.
In der Darstellung bin ich bestrebt gewesen, das Hauptgewicht nicht so sehr auf die
detaillierte Beschreibung der Apparate und Anordnungen, die der Interessierte immer
im Original nachsehen kann, als auf die Grundsätze und die Begrenzung der Methoden
zu legen. Was ich aus eigner Erfahrung von den verschiedenen Methoden halte, habe
ich auf eigne Verantwortlichkeit angegeben; wo ich keine Erfahrung besaß, oder wenn
meine Meinung mit dem Urteil anderer, bewährter Forscher übereinstimmte, habe ich
lieber die anderen reden lassen.
Hie und da kommt man bei der Erörterung ins Gebiet der Physik oder der
Mathematik. An solchen Stellen habe ich mich vielleicht mehr ausgebreitet, als es die
Naturforscher für nötig halten werden. Es geschah aber hauptsächlich mit Rücksicht
auf die philologischen Kreise, die oft durch die Schwierigkeit, sich in solche Fragen
hineinzuarbeiten, von einer Beschäftigung mit diesen Forschungsgebieten und manch¬
mal mit der ganzen Experimentalphonetik abgeschreckt werden. Ich habe es nach
Kräften versucht, den anderen die Zeit zu ersparen, die es mir selbst gekostet hat,
1) Eine eigentliche Bibliographie der Phonetik findet man z. B. bei Sie vers (3)
(bis 1901), und von 1905 an in der beinahe vollständigen Bibliographia phonetica
von Dr. Panconcelli-Calzia (Medizin, pädagog. Monatsschrift f. d. gesamte Sprach-
heilk.). Die fehlenden Jahre stellt man aus den Zeitschriften zusammen: Maître pho¬
nétique, Neuere Sprachen usw. Der Jahresbericht von Hermann enthält vieles, was
für die Methodik wichtig ist.
Tigerstedt, Handb. d. phys. Methodik. III, 6
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