Willkürliche Reaktionen auf verabredete Reizmotive. 503
korrekte Wirksamkeit des verabredeten Motivationsznsammenbanges in sieb,
da die Y.-P. so, wie sie reagierte, eben nur auf Grund der Verabredung
verfahren konnte. Allerdings wäre nun weiterhin auch wiederum zuzusehen
(bzw. von vorne herein besonders zu verabreden), wie weit auch Reize, die
einem verabredeten Motiv nur ähnlich sind, ebenfalls die diesem zuge¬
ordnete Bewegung auslösen können. Dies ist wiederum nur durch besondere
Kontrollversuche mit ähnlichen Reizen festzustellen. Doch müßte die V.-P.
auch hier ausdrücklich von ihrer Möglichkeit abstrahieren. Sonst
wären ja die Zeiten nicht mehr auf das alte System von Zuordnungen zu
beziehen, sondern auf ein neues, das um die Zuordnung der „aktiven Ruhe“
zu einer ganzen Anzahl von Reizmöglichkeiten bereichert ist. Deren Ver¬
gegenwärtigung könnte insbesondere jener eventuellen Vorbereitung eines allen
positiven Bewegungen gemeinsamen Richtungsmomentes entgegenarbeiten.
Die Einübung neuer Zuordnungen bis zu jener Sicherheit, die sie auch
ohne jeweilige Rekapitulation vor dem Versuch richtig treffen läßt, gestattet
zugleich die Entstehungsbedingungen der Koordinationen experimentell zu
analysieren, welche die V.-P. als Ergebnisse früherer Erlernung fertig mit¬
bringt. Andererseits können diese Fertigkeiten, z. B. das Lesen, unter der
speziellen Voraussetzung, daß die Laute so schnell als möglich nach dem
Erscheinen des Wortbildes ausgesprochen werden, auch ihrerseits sogleich
zu interessanten Versuchen über disjunktive Reaktionen beigezogen werden1).
Auch bei der Beantwortung der schon oben erwähnten Frage, inwieweit
neue experimentelle Zuordnungen unter sich wirklich gleichwertig sind, ist
stets ihr Verhältnis zu schon vorhandenen Dispositionen zu berücksichtigen,
z. B. bei „gleichseitigen“ oder „gekreuzten“ Zuordnungen räumlich differen¬
zierter Reizmotive.
Versuche mit Verabredung nicht völlig eindeutiger Zuordnungen.
Im übrigen hat man auch schon Wahlvorgänge im eigentlichen Sinne
des Wortes experimentell ähnlich wie bei disjunktiven Reaktionen zu ana¬
lysieren versucht, bei denen die Zuordnung der Bewegung zum Reiz durch
die Verabredung noch nicht vollständig festgelegt, sondern in einem be¬
stimmten Punkt der V.-P. freigestellt war. Über etwaige Gesetzmäßigkeiten
bei freien Entscheidungen überhaupt hat bereits C. M. Hill2) mit Kindern Ver¬
suche angestellt, bei denen ihnen freigestellt wurde, nach einem rechten oder
linken Objekt zu greifen. Es sollte festgestellt werden, ob die Aufmerk¬
samkeitsrichtung oder die Enfernung der Objekte die Entscheidung in einem
bestimmten Sinne beeinflusse. Im Zusammenhänge . mit disjunktiven Reak¬
tionen hat dann vor allem N. Ach3) Versuche in zwei Gruppen angestellt,
bei denen die Zeit vom Auftreten der Anregung des Wahlvorganges bis zu
einer registrierenden Bewegung gemessen wurde. In der einen Versuchs¬
reihe (Reaktionen ohne Zuordnung des Reizes) war übrigens der Anschluß
an die disjunktiven Reaktionen ein besonders enger. Es ging die Verab¬
redung voraus, auf x mit der rechten, auf r mit der linken Hand zu rea-
1) Vgl. u. a. Catteil, a.S. 483, A. 3 a. 0. und Erdmann und Dodge a. S. 357, A.4 a.O.
2) C. M. Hill. On choice. American Journal of Psych. IX, 4, 1898 S. 587.
3) Über die Willenstätigkeit und das Denken 1905, S. 161 ff.