Volltext: Handbuch der physiologischen Methodik, Dritter Band, Zweite Hälfte: Zentrales Nervensytem, Psychophysik, Phonetik (3)

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W. Wirth, Psychophysik. 
Stromkreis des Elektromagneten E, an dessen unterem Pol ein Hebel an¬ 
gezogen wird. Dieser bewegt sich zwischen den beiden durch die Schrauben 
Si und S2 regulierten Platinspitzen. Da er nun bei Stromunterbrechung 
unter gleichzeitiger Erregung der Kontrollglocke nach unten fällt, ohne wieder 
zurückgeholt werden zu können, so öffnet oder schließt er den Kontakt bei 
der oberen oder unteren Platinspitze. Durch Zug an der Schnur wird der 
Kontakthebel wieder an den Pol des Elektromagneten emporgehoben1). 
Unter Beibehaltung der nämlichen Bewegungsfreiheiten läßt sich die 
motorische Arbeit bei der Reaktion natürlich weiterhin nach dem bei der 
Ergographie erwähnten Prinzip abstufen. Für die Reaktion als solche, bei 
der es sich nur um die „Reaktionszeit“ handelt, kommt es dabei allerdings 
nur auf den ersten Moment der Kraftleistung an, wenngleich auch die später 
auftretenden Widerstände, wie S. 479 erwähnt, je nach dem Grade ihrer Anti¬ 
zipation auf die Leistung zurückwirken müssen. So untersuchte Scripture 
den Einfluß der Federspannung und anderer Belastungsweisen auf die Re¬ 
aktionszeit, wobei er verschiedenartige Angriffsapparate konstruierte2). Be¬ 
züglich seiner Empfehlung eines möglichst geringen Apparatwiderstandes 
(Scripture, a. a. O. S. 12ff.) vgl. S. 4893). — Überall ist natürlich die der 
Reaktionsleistung vorhergehende Haltung des Reagenten und eine eventuell 
mit ihr verbundene Kraftleistung von Wichtigkeit4). In dieser Richtung liegt 
auch die schon S. 462 erwähnte Diskussion über den Einfluß' einer kurz vor¬ 
hergehenden antagonistischen Spannung, dem auch Orchansky mit dem 
S. 498 erwähnten Apparat nachging. Jedenfalls würde aber eine besondere 
Instruktion für dieses motorische Verhalten im Vorstadium nur als eine 
motorische Komplikation der Leistung empfunden worden, also z. B. auch 
eine zunächst antagonistisch kompensierte Vorspannung der zur Reaktion 
berufenen Muskeln selbst, die gelegentlich auf Grund eines (von L. Lange 
nicht verschuldeten) Mißverständnisses der „muskulären“ Einstellung (s. S. 492) 
vorgenommen wurde5). Selbstverständlich gilt dies dann in viel höherem 
1) Für die insbesondere an amerikanischen psychologischen Instituten ausführlich 
variierten Reaktionen mit anderen komplexen Bewegungsformen kann hier nur ganz 
allgemein auf die Fachliteratur, insbesondere American Journal of Psychology und 
Psychological Review verwiesen werden. Erwähnt sei hier noch der den Sprachreak- 
tionen wieder besonders nahe stehende Versuch, mit Schreibbewegungen zu reagieren. 
(Vgl. F. X. Freeman, Preliminary Experiments on writing reactions, Psych. Rev. Mon. 
Suppl. Vol. VIII, 3, 1907, S. 301 ff.) 
2) Researches on reaction-time. Stud, from Yale Psychol. Lab. IV, 1896, S. 12 ff. 
Schon früher hatten Féré, Compt. rend, de la Soc. de Biol. 1892, S. 432 und Dela¬ 
barre, Logan and Reed (Psych. Rev. IV, 1897, S. 615) ähnliche Versuche angestellt. 
3) Des soir*) suchte mit einem recht leicht beweglichen Fingerschlüssel nach 
Dumreicher**) jeglichen Vorteil einer besonderen „muskulären“ Einstellung überhaupt 
(s. S. 492) zu beseitigen. 
4) Wislicenus (Über den absoluten persönlichen Fehler, Leipzig 1888) und 
Münsterberg (Beiträge zur exper. Psychologie 4, IX, 1892) untersuchten den auch für 
die Praxis der Registriermethode wichtigen Einfluß verschiedener Lagen des Reagenten. 
5) Vgl. z. B. einen besonders typischen Fall bei Th. Flournoy, Temps de réaction 
aux impressions auditives, Arch, des sc. physiques et naturelles, 3me p. T. XXVII, 1892, 
S. 575 ff. 
*) Über den Hautsinn, Arch. f. Physiol. 1892, S. 309. 
**) Zur Messung der Reaktionszeit, Dissertation, Straßburg, 1889, S. 32.
	        
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