Willkürliche Reaktionen auf verabredete Reizmotive.
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matisch dadurch feststellen lassen, daß man das verabredete Reiz¬
motiv völlig ansfallen läßt oder durch ein anderes ersetzt und
zusieht, ob der Impuls dann noch zurückgehalten werden kann.
Hiermit wird einfach das Aristo telisch-Baconische Prinzip der negativen
Instanzen bei der Induktion irgendeiner Kausalbeziehung überhaupt auf die
Kontrolle eines Motivationszusammenhanges angewendet. Wenn das verab¬
redete Motiv ausfällt, darf bei korrekter Einstellung auch der Impuls zur
Tat sich nicht entwickeln. Solche Kontrollen dienen aber bei sinngemäßer
Einstreuung in die Versuchsreihen1) nicht nur zur Orientierung für den
Experimentator, ob er die gefundenen Reaktionszeiten überhaupt auf den
verabredeten, eindeutig bestimmten Prozeß beziehen darf, sondern geben
auch dem Reagenten selbst in ihrem Gelingen oder Mißlingen erst die Mög¬
lichkeit an die Hand, den Grad seiner Selbstbeherrschung .in der Zuordnung
von Impulsen zu äußeren Sinneswahrnehmungen kennen zu lernen und
eventuell durch Übung bis zu einem stationären Stadium zu steigern. Erst
dann sind die Reaktionszeiten jene eindeutigen Grenzwerte, aus deren Ab¬
hängigkeit von speziellen physiologischen und psychologischen Nebenein¬
flüssen allgemeinere Schlüsse gezogen werden können.
2. Die Verabredung der Motivations-Präzision bezüglich des
Reizmoti ves.
Da die Zuordnungen einer Reaktion zu einem Reiz nach beiden Seiten
hin eine mit der Gesamtleistung variable Unterschiedsschwelle besitzen,
so ist auch für die korrektesten Reaktionen die Definition der Abänderung
der Reizlage im kritischen Momente, bei welcher die V.-P. ruhig bleiben
soll, ebenso wie dieser noch als Ruhe betrachtete Zustand bis zu einem
gewissen Grade konventionell und relativ. Durch entsprechende Vorsicht
in der Koordination der einzelnen Partialleistungen kann aber die V.-P.
jedenfalls immer höheren Ansprüchen in dieser Richtung genügen, woraus
sich von selbst ein natürlicher Gesichtspunkt für die Abstufung der Schwie¬
rigkeit der einzelnen Reaktionsaufgaben entwickelt. Hiervon war auch
Donders2) bei seinen erstmaligen Versuchen in dieser Richtung ausgegangen,
der diesen Unterschied einer allgemeineren oder spezielleren Motivation in
folgendem Passus zum Ausdruck brachte: „Wer die Versuche gemacht hat,
weiß, daß das Signal (so nennt Donders die Reaktion selbst) da, wo es nur
um Reaktion im allgemeinen zu tun ist, bei allem, was geschieht, losbricht.
Wartet man mit Spannung auf eine Lichterscheinung, man reagiert unwill¬
kürlich auch auf einen Klang und umgekehrt, und ebenso auf einen Stoß,
auf einen elektrischen Schlag, kurz auf jeden kräftigen Eindruck. Man wartet
nicht, bis man hört, sondern nur bis man gewahr wird.“ Man kann also im
„einfachsten“ Falle zufrieden sein, wenn die V.-P. nur wenigstens beim
völligen Ausfall jeglichen Reizes ruhig bleibt. Verlangt man aber die
Respektierung anderer positiver Reize als negativer Instanzen, so hat man
1) Über die Gesichtspunkte, die hierbei im einzelnen zu beobachten sind, vgl.
A. Kästner und W. Wirth, a. S. 483, A. 2 a. O. S. 366 ff und Exp. Anal, der Bewußt-
seinsphän. S. 408ff.
2) a. S. 480, A. 1 a. 0. S. 673.