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W. Wirth, Psychophysik.
schwindend kleinen oder sogar negativen Zeitwerten1). S. Exner2) ging ihr
dann systematisch weiter nach und sah, daß man auch für Momentanreize
bei rhythmischer Wiederholung zu dieser Einstellung übergehen könne,
wenn man nicht jedesmal auf die einzelnen Reize warte, sondern eine mit
ihr synchrone Taktierbewegung auszuführen suche. Doch sind seine auf
optischen Takt bezüglichen Ergebnisse noch nicht so günstig als die, welche
F. Martius3) für das Nachtaktieren einer gehörten Taktreihe erhielt, ein Ver¬
such, den dieser zur Prüfung der Genauigkeit einer ähnlichen Registrierung
des Pulses unternahm.
d) Die Notwendigkeit einer systematischen Kontrolle der instruktions¬
mäßigen Motivation der Reaktionshandlung.
1. Die allgemeine methodische Ableitung der Motivkontrolle aus
den Vorschriften für die Induktion eines Motivationszusammen¬
hanges.
Offenbar kann sich aber nun auch bei fortgesetzter Wiederholung eines
Reaktionsversuches, bei welchem dem Reizmotiv nur ein einziger Sinnesein¬
druck in einem völlig geläufigen bequemen Intervall als Vorsignal voraus¬
geht, schließlich ebenfalls eine so lebhafte Antizipation des Hauptreizes von
der Wahrnehmung dieses Signales an ausbilden, daß der Impuls ohne be¬
sondere Gegenmaßregeln einfach in dem Takte, der in früheren wirklichen
Reaktionen auf den Reiz eingeübt wurde, ohne weiteres Abwarten eines
neuen Sinneseindruckes anschwillt, Solange diese Zeitlage noch ungefähr ein¬
gehalten wird, braucht sich dieser neue psychologische Charakter der Impuls¬
entwickelung in den gewöhnlichen Reaktionsversuchen objektiv gar nicht
weiter zu äußern. Wegen des instruktionsgemäßen Strebens, die Bewegung
ohne Zeitverlust auszuführen, schleicht sich aber bei dieser neuen Einstellung
meistens auch noch die Tendenz ein, die Bewegung möglichst gleichzeitig
mit dem antizipierten Reiz selbst zu vollziehen, und führt dann bei negativen
Zeitfehlern zu gelegentlichen, teilweise allerdings auch noch irregulärer beding¬
ten vorzeitigen Reaktionen, die früher das einzige sichere Kriterium für
diese innere Einstellung bildeten, da die Selbstbeobachtung allein bei der
Feinheit der zeitlichen und intensiven Differenzierung der entscheidenden
Momente hierzu niemals ausreichen kann.
Da aber der Impuls nur deshalb so bald ausgelöst wird, weil er über¬
haupt nicht mehr durch die spezielle Neuauffassung des Reizes, sondern
durch seine Erwartung in einem bestimmten Zeitpunkt nach dem Vorsignal
motiviert ist, so muß sich die korrekte Einstellung der eigentlichen
Reaktion auf den Reiz in einem beliebigen Einzelversuch syste-
1) Eine besonders klare Gegenüberstellung der beiden Verhaltungsweisen findet
sich schon bei Le Verrier, Annales de l’observatoire de Paris (mémoires) T. VIII, p. 7,
(ausführlich zit. bei H. Leitzmann: Über Störungserscheinungen bei astronomischer
Registrierung, Wundts Phil. Stud. V, 1889, S. 56ff. (S. 62, Anm. 1).
2) a. S. 480, A. 2 a. O. S. 639 ff.
3) F. Martius, Weitere Untersuchungen zur Lehre von der Herzbewegung, Zeit¬
schrift für klinische Medizin Bd. XV, S. 536. (Vgl. auch Kraepelin, Zur Methodik der
Herztonregistrierung, Deutsche Med. Wochenschrift 1888. Kr. 33.)