Volltext: Handbuch der physiologischen Methodik, Dritter Band, Zweite Hälfte: Zentrales Nervensytem, Psychophysik, Phonetik (3)

Willkürliche Reaktionen auf verabredete Reizmomente. 
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Kontraktion) nur das erste Glied, die Fortpflanzungszeit in den empfinden¬ 
den Nerven1). Wenigstens dürfen wir wohl annehmen, daß die Vorgänge 
des Wahrnehmens und Wollens im Gehirn in ihrer Dauer nicht wesentlich 
von der Art der getroffenen Hautstelle abhängen werden. Ich muß aber 
dies als eine nicht vollständig erwiesene Annahme anerkennen.“ Dabei war 
sich aber nun Helmholtz auch bereits über die Wichtigkeit einer gespannten 
Aufmerksamkeit für die annähernde Gültigkeit dieser zuletzt genannten 
Annahme völlig klar. Er fand die Reaktionszeit „bei laxer Aufmerksam¬ 
keit sehr unregelmäßig und lang, bei gespannter dagegen sehr regelmäßig“ 
(1. c.). Während man sich aber bei diesen früheren Versuchen mit einer un¬ 
gefähren Avisierung der V.-P. kurz vor dem Reiz begnügte, ließ sich diese 
Regulierung des Reaktionsprozesses natürlich dadurch noch wirksamer ge¬ 
stalten, daß entweder vom Experimentator eine mechanische Vorrichtung2) 
ausgelöst wurde, die zunächst ein Vorsignal und nach einer stets konstanten 
Zwischenzeit das Reizmotiv einführte, oder daß die V.-P. wiederum selbst 
einen Apparat durch eine leichte Bewegung in Gang setzte, der kurz dar¬ 
nach das Reizmotiv bewirkte. Der Zeitabstand des Vorsignales oder der 
Selbstauslösung vom Reaktionsmotiv war nach subjektiven und objektiven 
Kriterien möglichst günstig, zwischen 1 und 2 Sekunden, auszuwählen. Bei 
der Selbstauslösung tritt allerdings zu den Impulsen der inneren Tätigkeit 
des Vorbereitungsstadiums noch ein solcher zu einer äußeren Bewegung hinzu, 
eine Mehrbelastung, die jedoch bei schwierigeren Vorbereitungsleistungen zu 
speziellen Erkennungsakten usw. gegenüber der hierdurch erzielten Freiheit 
nicht ins Gewicht fällt3). 
1) Man könnte meinen, daß der nächstliegende Weg zur Beantwortung dieser 
Frage nach der Leitungsgeschwindigkeit im sensorischen Nerven doch eigentlich darin 
bestehe, daß man nach der S. 430 ausführlich behandelten Methode einfach die Zeitver¬ 
schiebung bei der Vergleichung der Zeitlagen jener beiden an verschiedenen Stellen 
applizierten Hautreize ermittelt. Die exakte Feststellung dieser rein peripher bedingten 
Zeitverschiebung ist jedoch zunächst schon durch die Tatsache der Zeitschwelle für 
verschieden lokalisierte Reize des nämlichen Sinnesgebietes (s. S. 419), außerdem aber 
vor allem auch noch durch die sonstigen psychologischen Nebeneinflüsse mindestens 
eben so schwierig wie die Aufrechterhaltung konstanter psychologischer Bedingungen 
bei Reaktionsversuchen, wie denn auch Helmholtz bei der oben genannten Überlegung 
von der Ungenauigkeit der Auge- und Ohrmethode und ähnlicher Versuche ausging. 
Dennoch muß unter sonst möglichst gleichen Auffassungsbedingungen ein geübter Be¬ 
obachter den Unterschied der Leitungszeit im sensorischen Nerven auch mit solchen 
Versuchen direkt auffinden können. 
2) So verwendete schon L. Lange (Neue Experimente über den Vorgang der ein¬ 
fachen Reaktion auf Sinneseindrücke, Wundts Phil. Stud. IV, 1888, S. 479) ein Kontakt¬ 
pendel, das jede Sekunde einen Kontakt schloß, der durch geeignete Einschaltung 
weiterer Kontakte zuerst ein Glocken-Vorsignal und dann in Sekundenabstand den Haupt¬ 
reiz erfolgen ließ (S. 484). Erdmann und Dodge gaben bei Reaktionen auf tachisto- 
skopisches Lesematerial, das mit dem S. 358 beschriebenen Apparat exponiert wurde, vor 
dem Reiz zwei Glockenschläge im Abstand von 0,5 Sek., denen das Motiv im nämlichen 
Takte nachfolgte (a. S. 357, A. 4 a. O. S. 108 u. S. 325). R. Bergemann (Reaktionen auf 
Schall eindrücke nach der Methode der Häufigkeitskurven bearbeitet. Wundts Psychol. 
Stud. I, 3. u. 4. 1906, S. 179) benützte wieder ein Kontaktpendel (s. S. 330, Fig. 21) mit 
Kontakten für Vorsignal und Hauptreiz, wie es in verschiedenen Modellen auch bei 
vielen neueren Versuchen beibehalten wurde. 
3) Diese Selbstauslösung bewährte sich bei Reaktionen auf tachistoskopische 
Expositionen von Cattell (Psychometrische Untersuchungen, in Wundts Phil. Stud. 
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