Volltext: Handbuch der physiologischen Methodik, Dritter Band, Zweite Hälfte: Zentrales Nervensytem, Psychophysik, Phonetik (3)

Willkürliche Reaktionen auf verabredete Reizmotive. 
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bereits ganz einheitlich, vorgebildet. In dem Maße als sich die V.-P. im 
Vorbereitungsstadium dem kritischen Augenblick zu nähern glaubt, konkre¬ 
tisiert sich nur die vorher allgemeiner gehaltene und dunklere Vergegen¬ 
wärtigung jener „Zuordnung“ zu einer lebhafteren Antizipation der Hand¬ 
lung, d. h. des unmittelbaren Anschlusses des Bewegungsimpulses an die 
Auffassung des Reizes. 
Der tatsächliche Eintritt des Reizes bleibt aber freilich bei dieser Ver¬ 
abredung einfach abzuwarten, wenn auch eine intensive und korrekte 
Tätigkeit der aufmerksamen Erwartung wenigstens jeden weiteren Zeit¬ 
verlust nach dem tatsächlichen Reizeintritt auf der intellektuellen Seite 
des Reaktionsprozesses verhüten kann, so daß von einer besonderen Auf¬ 
fas sungsleistung in jeder korrekten Reaktion gesprochen werden muß. Eben 
deshalb darf aber die V.-P. bei einer zweckmäßigen Vorbereitung der Reak¬ 
tion im ganzen auch andererseits auf der motorischen Seite niemals über 
die bloße „Bereitschaft“ zu dem verabredeten Impulse hinausgehen, bis das 
Reizmotiv als solches erkannt ist, worauf auch die dritte Komponente der 
Reaktionshandlung voll zur Geltung kommen kann. 
b) Die Wichtigkeit einer konstanten Vorbereitung. 
(Ihre Berücksichtigung seit der Begründung der Methode durch 
Helmholtz.) 
Dies alles würde jedoch bei nur mäßiger, längere Zeit hindurch möglicher 
Anstrengung noch keineswegs die kleinste Reaktionszeit ergeben (bei größerer 
Anspannung aber höchstens dann und wann und untermischt mit um so 
schlechteren Leistungen), wenn man den Reiz innerhalb eines ganzen Inter¬ 
valles von mehreren Sekunden oder gar Minuten zu erwarten hätte, ohne 
den Zeitpunkt genauer voraus zu wissen. Man kann natürlich die Oszilla¬ 
tionen, die unter dieser erschwerenden Bedingung der unbestimmten Er¬ 
wartung ähnlich wie bei der Ableitung von Schwellen nach S. 343 auftreten, 
wieder ausdrücklich zum Gegenstand der Untersuchung machen, indem man 
die Zeitlage des Reaktionsreizes, ebenso wie dort die minimalen Verände¬ 
rungsstufen, innerhalb eines gewissen Zeitraumes, der bei jedem Einzelver¬ 
such immer wieder von neuem subjektiv konstant einzuleiten ist, beliebig 
variieren läßt. Ordnet man dann den einzelnen Zeitintervallen als Abszissen 
einer Abhängigkeitskurve die Mittel der bei ihnen gemessenen Reaktions¬ 
zeiten als Ordinaten zu, so läßt sich auch die Frage nach gewissen Gesetz¬ 
mäßigkeiten in dem zeitlichen Verlauf der Reaktionsbereitschaft beantworten1), 
vorausgesetzt, daß durch die unten genannten Hilfsmittel die Konstanz der 
übrigen Einstellung erwiesen ist. 
1) Nachdem schon Dwelshauwers (Untersuchungen zur Mechanik der aktiven Auf¬ 
merksamkeit, Wundts Phil. Stud. Bd. VI, 1891, S. 217ff.) diese Einflüsse durch Reak¬ 
tionsversuche ohne Vorsignal und mit verschiedenen, jedoch nicht in der früher (S. 343) 
genannten Weise variierten Intervallen zwischen Vorsignal und Reizmotiv studiert 
hatte, wurden von Della Valle auch bereits Versuche der oben angedeuteten Art 
angestellt. Vgl. seine vorläufigen Mitteilungen : Der Einfluß der Erwartungszeit auf die 
Reaktionsvorgänge, Wundts Psychol. Stud. Ill, 1907, S. 294. 
Tigerstedt, Handb. d. phys. Methodik III, 5. 
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