Volltext: Handbuch der physiologischen Methodik, Dritter Band, Zweite Hälfte: Zentrales Nervensytem, Psychophysik, Phonetik (3)

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W. Wirth, Psychophysik. 
Bewußtseinsbestande selbst angebörigen Momente, also z. B. die bewußten 
Atmungsimpulse, von den psychophysischen Miterregungen und Wechsel¬ 
wirkungen, welche die funktionelle Grundlage der ganzen Symptomatik über¬ 
haupt ausmachen, relativ am meisten betroffen werden, ähnlich wie jene 
zuerst genannten mechanisierten, an sich jeweils willkürlich einsetzenden 
Handlungen. 
73. Atmungssymptome. 
Schon am Schlüsse der allgemeinen Betrachtungen über die Konsta¬ 
tierung psychischer Einflüsse auf die Lebensprozesse wTar soeben auf die 
vorteilhafte Stellung der Atmungserscheinungen hingewiesen worden. 
Außerdem wird auch der Umstand, daß die Atmung als solche nicht einmal als 
Ganzes erst willkürlich ausgelöst zu werden braucht und für gewöhnlich noch 
mehr als solche gewohnte, nebenbei vollzogene Willkürtätigkeiten im 
Hintergrund des Bewußtseins verbleibt, zugleich die Abstraktion von der 
Tatsache ihrer Registrierung erleichtern, deren besondere Beachtung freilich 
hier dafür auch um so fremdartigere Nebeneinflüsse einführen würde1). Der 
Blutkreislauf vollzieht sich demgegenüber in viel festeren Formen, die 
momentanen Einflüssen seitens spezieller Bewußtseinszustände viel mehr 
entzogen sind, wenn sich auch dafür die Veränderungen präziser von ge¬ 
wissen mittleren Zuständen abheben können. So könnte es verwunderlich 
erscheinen, daß erst Meumann und Zoneff auf die besondere symptoma¬ 
tische Bedeutung der Atmung hingewiesen haben, wenn man nicht zugleich 
berücksichtigte, daß bei den Versuchen, die Symptome zu deuten, auf seiten 
des Bewußtseins häufig gerade die Tätigkeitsmomente gegenüber dem Gegen¬ 
satz der Lust und Unlust vernachlässigt wurden, der in dieser Hinsicht (ab¬ 
gesehen von der gleichzeitigen Erregung) in den Affektzuständen weniger 
entscheidend zu sein scheint2). 
Nach psychologischen Atmungssymptomen gesucht hat man aber bei 
ihrer populären Anerkanntheit schon so lange, als man überhaupt die Ein¬ 
flüsse der Gemütsbewegungen auf die Lebensfunktionen exakt registrierte. 
Mosso verwendete hierzu zunächst den Mareyschen Pneumographen3), 
1) Die Gefahr dieses Nebeneinflusses, die bei der Auffälligkeit der Registriervor¬ 
richtungen nicht leicht durch Unwissentlichkeit zu beseitigen ist, hat schon Mosso 
hervorgehoben, der z. B. ihre Ausschaltung bei der Registrierung der Atmung 
im Schlafe für einen besonderen methodischen Vorzug vor den Versuchen mit wachen 
Personen betrachtete (a. S. 467 A. 2 a. 0.). Am meisten dürfte ein solcher Fehler bei Un¬ 
geübten in Betracht kommen. R. Schulze fand es daher z. B. auch bei seinen Versuchen 
mit Schulkindern ratsam, der V.-P. zu suggerieren, daß es bei einem Versuch um den 
andern überhaupt nicht auf die Atmung, sondern auf andere Dinge abgesehen sei, und 
daß das Kymographion nur der Bequemlichkeit halber in Gang bleibe, ein an sich wohl 
ganz zweckmäßiges Verfahren, das nur leider nicht auf unterrichtete V.-P. anwend¬ 
bar ist. Vgl. a. S. 458, A. 2 a. 0. S. 102. Auch E. Weber glaubt diesen Nachteil der 
Symptomatik willkürlich modifizierbarer Prozesse höher als Meumann und Zoneff ver¬ 
anschlagen zu müssen. Vgl. a. S. 452 a. 0. S. 28. 
2) Vgl. Exp. Anal, der Bew.-Phän. S. 352 ff. 
3) Dieses Handbuch II, 2. Abt. 1908, I, F. Schenk, Atembewegungen, S. 16 (dort 
als Thorakograph“ bezeichnet). Vgl. auch III, 6. Abt., J. Poirot, Phonetik, S. 9ff. 
(Die”Atembewegung beim Sprechen) und S. 53ff. (Die aerodynamischen Eigenschaften 
des Luftstromes).
	        
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