Volltext: Handbuch der physiologischen Methodik, Dritter Band, Zweite Hälfte: Zentrales Nervensytem, Psychophysik, Phonetik (3)

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W. Wirth, Psychophysik. 
Gerade weil man aber im Vorbereitungsstadium der Reaktion in ge¬ 
spannter Erwartung ist, fühlt man sieh hierbei ruhiger und sicherer, wenn 
die Schließung oder Unterbrechung des entscheidenden Kontaktes erst durch 
eine energische Muskelspannung erreicht wird, hinter der die kleinen gleich¬ 
gerichteten Spannungsänderungen der Ungeduld weit Zurückbleiben. Ob¬ 
gleich dies nun auch bei der eben genannten Haltung, die z. B. bei der 
Reaktion mittelst einer Druckvorrichtung (wie für elektrische Klingeln) vor¬ 
liegt, durch eine entsprechende Stärke der Gegenfeder und Entfernung 
des kontaktschließenden Stückes von der Endlage wohl erreichbar ist, be¬ 
dient man sich in psychologischen Laboratorien zur Vermeidung einer 
toten Bewegung des Reaktionsapparates1) jetzt wohl meistens der Unter¬ 
brechung eines Kontaktes, die bereits bei der geringsten Bewegung 
der Vorrichtung in der entscheidenden Richtung eintritt. Dabei verwendet 
man vor allem die Unterbrechung eines Kontaktes, der im Vorbereitungs¬ 
stadium zunächst durch Anspannung der Antagonisten der zur Reaktion ber 
rufenen Muskeln aufrecht erhalten wird, könnte aber hierzu natürlich auch 
einen plötzlich verstärkten Druck in der nämlichen Richtung wählen, in der 
das reagierende Glied schon im Vorstadium an den Tasterknopf sich anlegt, 
wobei man also gegen eine kontaktschließende Feder arbeitete. Da aber 
nun in diesen beiden Fällen die kleinen unwillkürlichen Spannungen bzw. 
Spannungssteigerungen in Richtung der Kontaktbrechung durch den Wider¬ 
stand der Antagonisten bzw. der Apparatfeder vollständig überwunden 
werden, so kann man sie natürlich auch nicht mehr unmittelbar von dem 
hierbei völlig ruhig bleibenden Reaktionsapparat aus registrieren, sondern die 
V.-P. kann sie höchstens in ihren Tastempfindungen konstatieren. Iudd2) 
hat nun vor allem zur Kritik der Versuche von W. G. Smith3 4), die eine 
antagonistische Vorbewegung unmittelbar vor der eigentlichen Reaktion bei 
vielen Personen beweisen sollten, wenigstens bei einer Annäherung an jene 
Reaktionsweise mit Unterbrechung eines antagonistisch aufrecht erhaltenen 
Kontaktes die unwillkürlichen Bewegungen des Vorstadiums zu registrieren 
versucht, indem er den Taster im ganzen auf eine elastische Unterlage 
brachte, deren Feder aber stärker als die innerhalb des Kontaktes war1). 
Ein mit der Unterlage verbundener Schreiber zeichnete somit bis zur Unter¬ 
brechung des Kontaktes alle Änderungen der Spannung getreu auf, also 
auch die noch nicht zur Unterbrechung des Kontakes hinreichenden Ver¬ 
minderungen. Indessen wird mit einer solchen Vorrichtung doch 
gerade der Hauptcharakter der Einstellung verschoben, daß eben 
das reagierende Glied bis zur Handlung auf einem objektiv ab¬ 
solut ruhigen Punkt aufruht. Denn bei objektiven Verschiebungen außer¬ 
halb der elastischen Teile des Fingers selbst können besondere unwillkürliche 
1) Eine tote Spannungsänderung der Muskulatur ist natürlich niemals zu vermeiden, 
wenn der Kontakt nicht bereits von den unvermeidlichen unwillkürlichen oder zufälligen 
Bewegungen der Hand verändert werden soll. 
2) Iudd McAllister and Steele, Analysis of reaction Movements. Psych, Rev. 
Monogr. Suppl. Yol. VIL 1. 1905 (Stud. f. Yale) S. 141. 
3) Antagonistic Reactions, Mind, Jan. 1903, S. 47. 
4) Die analoge Konstruktion bei der Unterbrechung durch eine gleichgerichtete 
Bewegung läßt sich aus dem Gesagten wohl leicht ableiten.
	        
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