Die psychologischen Symptome in der willkürlichen Bewegung und Ruhe. 461
komponente tritt auch hier erst noch eine besondere zu dem oberen Schreiber
führende Hebelvorrichtung ähnlich wie bei einem verkleinernden Storchschnabel da¬
zwischen, in welcher der vorhin genannte Äquilibrierungshebel ein Verbindungstück
bildet.
Mit dem Beinapparate untersuchte Sommer übrigens auch den Verlauf
des Kniesehnenreflexes, zu dessen konstanter Auslösung durch exakt
abstufbare Schlagintensitäten er auch noch einen besonderen Reizapparat
konstruiert hatte1), der die gewöhnliche Art, den Reflex freihändig mittelst
eines Hammers auszulösen, nur unter genau regulierteren Bedingungen nach¬
ahmt. Bei der großen diagnostischen Bedeutung dieses Reflexes, der sich
im wesentlichen in einer Pendelebene abspielt, wurde von Sommer hierzu
auch ein besonderer Registrierapparat (sog. Reflexmultiplikator) kon¬
struiert2), bei dem der frei bewegliche Unterschenkel durch den über dem
Fußgelenk angreifenden Zug eines Gewichtes äquilibriert ist. Die Schnur,
an der das Bein aufgehängt ist, läuft über eine an einem Gerüst befestigte
Rolle und führt in dem genau vertikal hängenden Teile, der das Gewicht
trägt, zugleich den Schreiber am Kymographion3).
Im Zusammenhänge der Reaktionsversuche (vgl. Kap. 20, § 77, d, 3)
war man übrigens schon früher auf die unwillkürlichen Bewegungstendenzen
aufmerksam geworden, die sich trotz der Absicht zur Ruhe in dem Vor-
bereituügsstadium jederzeit ergeben, wenn man in Erwartung des Reizes
innerlich zu der tatsächlichen Bewegung im nächsten Augenblicke bereit
ist4). Doch wurden bei Reaktionsversuchen zunächst erst noch andere un¬
gewollte Bewegungen graphisch aufgezeichnet, die sich bei sogen, disjunk¬
tiven Reaktionen (s. unten § 81 c) im Hauptstadium einstellen, bei denen
man z. B. gleichzeitig bereit ist, mit dem einen Finger zu reagieren, wenn das
Reizmotiv at auftritt, mit einem andern auf a2 usw. Féré wies nämlich
hierbei kleine unwillkürliche Mitbewegungen sämtlicher tätigkeitsbereiter
Finger bei jedem beliebigen Reizmotiv nach, indem er alle arbeitenden
Finger auf je einen Mareysehen Tambour aufsetzen ließ und als die
eigentliche Reaktion einen Druck auf den Tambour verabredete. Bei diesen
Versuchen Férés wird also, ähnlich wie auch bei allen Reaktionen durch
Niederdrücken eines federnden Tasters bis zum Schluß eines zunächst
offenen elektrischen Kontaktes, im Ruhestadium überall die nämliche freie,
bzw. nur ganz wenig unterstützte Haltung des reagierenden Gliedes gegen
einen federnden Widerstand eingehalten, wie bei dem So mm er sehen Hand¬
apparat. Unter solchen Bedingungen läßt sich aber dann auch schon im
Vorbereitungsstadium jeder beliebigen einfachen Reaktion (s. § 81, a) eine
oszillierende Unruhe nachweisen, die je nach den unten weiter zu erörtern¬
den Versuchsbedingungen charakteristische Verschiedenheiten zeigen kann,
wozu wiederum auch der Sommer sehe Apparat gut zu gebrauchen ist, wenn
auch zum Nachweis einer Bewegung überhaupt hier im allgemeinen die
Druckkomponente genügt.
1) a. a. O. S. 24f.
2) Ebenda, auch schon veröffentlicht in der deutschen medizin. Wochenschrift
1894, Nr. 45.
3) a. a. 0. S. 24ff.
4) Vgl. Exp. Anal, der Bew.-Phän. S. 409.