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W. Wirt h, Psychophysik.
einfachsten Komplikation s ver suchen nach S. Exner* 4), bedient man sich
am besten wie Weyer2) eines doppelseitig elektromagnetisch aufgehängten
Pendels. Denn hierbei wird man bezüglich der Bewegungsform und Ge¬
schwindigkeit des Zeitinstrumentes von der Vorbereitungszeit unabhängig,
was der Präzision der Abstufung im kritischen Zeitpunkt selbst zugute kommt.
Außerdem läßt sich dann die Komplikation leicht entweder nur ein einziges
Mal in einem beliebigen Zeitpunkt auslösen, oder wenn man das Pendel
dauernd in Schwung erhält3), auch rhythmisch wiederholen. Bei einer
Rotationsvorrichtung, wie sie z. B. auch Exner verwendet hatte, ist man
dagegen ohne besondere Zusatzvorrichtungen zunächst immer an die. Um¬
laufsperiode gebunden. Außerdem trägt aber das Pendel, wenn es einmal
geeicht ist, seine Zeiteinteilung unabhängig von Betriebsmitteln in sich,, was
vor allem bei der Ableitung von Zeitschwellen innerhalb des nämlichen
Sinnesgebiets wichtig ist, weil hier sehr feine Abstufungen bis auf 0,001 Sek.
konstant ausführbar sein müssen, bei akustischen Zeitschwellen aber auch
noch feinere. Bei disparaten Beizen kann man zwar eventuell mit einer
etwas geringeren Feinheit der Abstufungen auskomm en, die Konstanz der
absoluten Stufen ist aber natürlich auch hier für Schwellen- und Fehler¬
bestimmungen sehr wichtig. Es wäre daher auch hier das schon S. 330 er¬
wähnte Helmholtzsche Modell mit Vorteil zu verwenden.
Die Auslösung der Beize kann zunächst wieder nach dem vorigen
Prinzip rein mechanisch erfolgen4), d. h. beim Lichtreiz tachistoskopisch und
beim Schallreiz eventuell auch durch mechanische Ventile, wenn nur das
Zeitinstrument so geräuschlos funktioniert, daß es sich unmittelbar bei der
V.-P. befinden kann5). Auch C. Minnemann6) ließ bei seinen neuesten
Komplikationsversuchen mit Licht- und Schallreizen den Lichtreiz von dem
hierbei als Zeitinstrument verwendeten Martiusschen Lichtunterbrechungs-
apparat, bei dem Spaltscheiben durch einen Elektromotor in rasche Botation
versetzt* werden, direkt tachistoskopisch exponieren (s. S. 358, A. 3), nachdem
bereits Hüttner mit diesem Apparat allein die Vergleichung der Zeitdauer
Urbantschitsch in die Schallleitung eingefügten Spitzen) dient, s. bei Kafka, a.
S. 365 A. 2 a. O. S. 270. . x ,. .
1) S. Exner, Experimentelle Untersuchungen über die einfachsten psychischen
Prozesse.' Pflügers Arch. f. d. ges. Physiologie Bd. 11, 1875, S. 403 (406).
2) a. S. 420 A. 1 a. O.
3) s. S. 346. . ^ .
4) Dies geschah z. B. auch beim optischen und akustischen Beiz des Reizapparates
von Deuchler für Reaktionen auf Komplikationen. Vgl. § 81, a.
5) Für Schallreize wurde bei solchen Untersuchungen diese direkte Begrenzung
durch das Zeitinstrument selbst außer in den bisher genannten Formen auch noch in der
Weise vorgenommen, daß man eine mit sektorenförmigen Ausschnitten versehene Scheibe
zwischen der Öffnung eines Helmholtz sehen Resonators und einer elektromagnetischen
Stimmgabel ohne Resonanzkasten rotieren ließ, womit schon von A. M. Mayer u. a.
Intermissionen von Tönen erzeugt worden waren (Am. Journ. of sciences, 3, vol. 8,
1874 p 241). So verfahren in Untersuchungen über den Rhythmus Bolton (Rhythm,
Am Journ. of Psych. VI, 1894, S. 145) und kürzlich wiederum WallaceWallin (Experi¬
mental Studies of Rhythm and Time, Psychol. Rev. Bd. XVIII 1911, S. 100).
6) Untersuchungen über die Differenz der Wahrnehmungsgeschwindigkeit von
Licht- und Schallreizen, 3. Abschn. (Experimentelle Untersuchung usw.) Archiv f. d.
ges. Psychologie XX, 3. 1911, S. 311.