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W. Wirth, Psychophysik.
Noch schwieriger wird die Aufgabe, wenn sich zwei Wahrnehmungs¬
komplexe von der Ausdehnung des gesamten untersuchten Bereiches, durch
Einfügung einer indifferenten Ausfüllung in dessen ganzer Breite, relativ
selbständig als Normal- und Yergleichsreiz gegenübertreten, an denen nur
eine einzige Stelle verschieden ist. Auch hier soll also der Normalkomplex,
ebenso wie vorhin bei der einfachen Veränderungsauffassung das Ausgangs¬
feld, zunächst durch eine fortgesetzte Darbietung völlig geläufig werden,
worauf die leere, bzw. undifferenziert ausgefüllte Pause und dar¬
nach der völlig analoge kurzdauernde Vergleichskomplex auftritt, der
seinerseits wieder nur an einer einzigen Stelle verändert ist, für die nun die
U.-S. abzuleiten ist. Bei jener einfacheren Aufgabe der Veränderungsauf¬
fassung ist die Verschiedenheitsrelation zwischen der variierten Stelle und
ihrem Vorstadium die einzige objektive Relation dieser Art im ganzen Unter¬
suchungsbereiche. Hier muß sie sich jedoch erst gegen die allgemeinen
Verschiedenheitsrelationen der Intermission in der ganzen Breite des Kom¬
plexes heraus arbeiten, denen gegenüber sie wegen dieser Trennung der zu
vergleichenden Ausfüllungen durch die Pause noch dazu im Nachteil ist.
Übrigens ist in diesem Falle zur größeren Vergleichbarkeit mit dem kurz¬
dauernden Vergleichskomplex am besten auch der Normalkomplex in dieser
Form darzubieten, was für das Vorbereitungsstadium eines jeden Versuches
die wiederholte kurzdauernde Exposition des Normalkomplexes in einem
der V.-P. bequemen Rhythmus erforderlich macht. Dabei ist es für die Ent¬
stehung des Bewußtseins der Geläufigkeit wichtig, daß die V.-P. weiß, daß
der Normalkomplex zunächst fortgesetzt konstant wiederholt wird und ihm
nur am Schlüsse eine einzige (eventuell von ihr selbst auszulösende) Ver¬
gleichsexposition nachfolgt. Auch ist es für die Konstanz der Leistungen
in der ganzen Hauptgruppe von Vorteil, wenn die V.-P. weiß, daß es sich
bei der V.-Exposition nur um die Verschiedenheit an einer einzigen Stelle
handelt, deren Auffassung auf dieser ersten Komplikationsstufe der Aufgabe
ihre einzige Hauptleistung im Versuche ausmachen soll.
Bei der zuletzt genannten Erschwerung der Verschiedenheitsauffassung
fallen natürlich auch die Schwellen im allgemeinen größer aus, abgesehen
davon, daß auch die Bestimmung von besonderen Fehlern neben der Unter¬
schiedsschwelle Bedeutung gewinnt. Auch läßt sich eben deshalb kein so
großes Feld untersuchen, wie mittelst der Veränderungsschwelle, die daher
zu einer Prüfung der Auffassungsdispositionen beliebig fein abgestufter Ele¬
mente weiter Wahrnehmungsgebiete am geeignetsten erscheint. Dafür
treten in jenen gröberen Werten eigentlicher Unterschiedsschwellen manche
Differenzen der einzelnen Einstellungen deutlicher hervor, weshalb wir sie
im folgenden in einzelnen Beispielen an Stelle der Ableitung von Ver¬
änderungsschwellen berücksichtigt haben.
44. Die räumliche Verteilung der Aufmerksamkeit im Sehfelde.
(Perimetrische Bestimmungen der Veränderungsschwelle für
kurzdauernde Aufhellungen.)
Relativ am genauesten und ausführlichsten ist auf diesem Gebiete bis¬
her untersucht worden, wie die verschiedenen Formen der Aufmerk-