Volltext: Handbuch der physiologischen Methodik, Dritter Band, Zweite Hälfte: Zentrales Nervensytem, Psychophysik, Phonetik (3)

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W. Wirth, Psychophysik. 
Auch wenn an die Erkennung eines einzelnen Eindruckes sich andere 
Leistungen mit solcher Leichtigkeit und Sicherheit anschließen, wie beim 
Lesen eines geläufigen Buchstaben, einer Ziffer, Note u. dgl., werden die 
verschiedenen Vorbereitungen bei einer einzigen Elementarleistung dieser Art 
nach der Reproduktionsmethode (also ohne Registrierung gewisser Eigen¬ 
tümlichkeiten der Wiedergabe) an dem Resultat nichts zu ändern vermögen. 
Eine symptomatische Differenzierung wird höchstens erst dann möglich, wenn 
die Unterschiede zwischen einzelnen dieser Symbole sich der Unterschieds¬ 
schwelle unter den jeweiligen Auffassungsbedingungen nähern. Sind aber 
die Assoziationen zwischen dem Sinneseindruck, z. B. zwischen dem visuellen 
Bilde eines Symboles und seiner Bedeutung oder einem sonstigen Vor¬ 
stellungsinhalte, noch so schwach, daß sich schon bei seiner isolierten, kon¬ 
zentrierten Auffassung Einflüsse der Vorbereitung auf die Reproduktion 
geltend machen, so wären diese Einflüsse zunächst höchstens umgekehrt 
dazu zu verwenden, um an ihnen die Assoziationsleistung zu „messen“, 
nachdem man sich ein anderweitiges direkteres Kriterium für den Grad der 
jeweiligen Vorbereitung verschafft hat. 
6. Dagegen gewinnt auch schon die ohne besondere Genauigkeit voll¬ 
zogene Wiedergabe von Sinneseindrücken überhaupt oder geläufigen Sym¬ 
bolen in der zweiten Hauptstufe der Komplikation, bei komplexen 
Hauptleistungen, als Element innerhalb des Ganzen symptomatische Be¬ 
deutung, da eben der Umfang der gesamten Neuauffassung, insbesondere 
bei kurzdauernden Eindrücken, ein beschränkter ist. Es stellt also 
wenigstens die Gesamtsumme aller überhaupt möglichen Reproduktionen 
dieser Art jederzeit eine Grenzleistung dar, an der sich dann weiterhin 
auch noch besondere Einflüsse der Vorbereitung geltend machen können. 
Doch bestehen auch innerhalb des Gesamtumfanges der jeweiligen Neu¬ 
auffassung noch mannigfache Abstufungen des Zustandes der einzelnen 
Unterakte, die bei der bloßen Angabe der Gesamtzahl oder Hauptart 
aller Gegenstände nicht gesondert berücksichtigt werden. Sie treten aber 
sofort zutage, wenn man über die einzelnen Elemente des aufgefaßten 
Komplexes genauere Angaben verlangt, die der Unterschiedsschwelle 
dieser Eindrücke in irgend einer Richtung nahe kommen. Einen -ge¬ 
naueren Überblick über den wahren Stand mehrfacher gleich¬ 
zeitiger Leistungen erlangt man also auch hierbei doch wiede¬ 
rum nur dadurch, daß man nicht die Wiedergabe mehrerer über¬ 
merklicher, sondern ebenmerklicher Tatbestände fordert, d. h. 
also auf mehrere gleichzeitige (kurzdauernde) Reize bzw. Ver¬ 
änderungen die bekannten Maßmethoden zur Ermittelung von 
Schwellen, Totalfehlern und ihren Streuungsmaßen anwendet. 
Abgesehen von dem Einblick in etwaige Differenzierungen der Auffassung 
innerhalb des Komplexes wird dadurch auch der Sinn jener Umfangs¬ 
bestimmungen erst völlig konkret veranschaulicht. Denn ähnlich wie z. B. 
die S. 292 genannte Bestimmung der Grenzen der Empfindungskontinuen, 
z. B. von Farbentönen oder Tonhöhen, ohne Angabe der Intensitäts¬ 
verhältnisse stets etwas Relatives in sich enthält und nur durch die Ab¬ 
leitung von absoluten Schwellen eindeutig und exakt ausfallen kann, 
die nach diesen Grenzen zu ansteigen und zuletzt ins Unbegrenzte an-
	        
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