Der Einfluß der Vorbereitung auf eine einzelne Elementarleistung. - 311
Komplikation hat man es zunächst immer noch mit der elementaren Haupt¬
leistung einer einzigen Neuauffassung zu tun, die hierbei nur dadurch er¬
schwert wird, daß die Vorbereitung auf diesen einfachen Akt, also auf
die Auffassung eines übermerklichen oder ebenmerklichen Reizes als solchen
oder auf die Beurteilung einer Relation, in dieser oder jener Richtung ein¬
geschränkt wird, oder daß der Ablauf dieser Leistung durch gleichzeitige
Nebeneinflüsse gestört wird. Die Versuchsperson ist z. B. nicht mehr mit
allen Einzelheiten des zu beurteilenden Gegenstandes außer der jeweils dar¬
gebotenen Reizstufe im voraus sicher vertraut, ja sie sieht eventuell auch
den Zeitpunkt seiner Darbietung nicht mehr so genau voraus wie dann,
wenn sie die zu beurteilende Situation selbst auslöst. Besonders interessante
Modifikationen der Vorbereitung entspringen weiterhin aus dem Verhältnis
der willkürlichen Apperzeption zu der entscheidenden Qualität oder Lage
des tatsächlich auftretenden Reizes. Wie schon in § 5 der Vorfragen er¬
wähnt wurde, ist die apperzeptive Einstellung allerdings zunächst auch ohne
besondere Instruktion und absichtliche Anstrengung allein schon durch den
Stand der bereits gewonnenen Vorkenntnisse bezüglich der Reizlage oder
durch sonstige auffällige Nebeninhalte zu beeinflussen. Durch willkürliche
Einstellungen läßt sich aber jenes Verhältnis der Apperzeption zur Urteils¬
grundlage wenigstens relativ unabhängig von diesem Wissen sowie von
sonstigen gleichzeitigen Inhalten und viel systematischer variieren. Am
nächsten liegt wohl hierbei die Konzentration und Verteilung innerhalb der
räumlichen, zeitlichen und sonstigen qualitativen Variationsmöglichkeiten,
unter denen die in der Hauptleistung dann tatsächlich zu beurteilende Reiz¬
lage selbst zu finden ist. Da innerhalb der Verteilungen von der nämlichen
Art, z. B. über verschiedene Regionen des Sehfeldes, eine Interpolation der
Symptome aus Beobachtungen benachbarter Verteilungsgrade möglich ist,
so kann man hier auch aus einigen wenigen Hauptformen der Einstellung
einen gewissen Überblick über das ganze Tatsachengebiet erlangen, während
natürlich ablenkende Nebenreize und sonstige willkürliche Nebenbeschäf¬
tigungen überhaupt, die zu dem Inhalte der Hauptleistung in keiner direkten
Beziehung stehen, in unbegrenzter Mannigfaltigkeit eingeführt werden
könnten. Doch lassen sich auch für diese letzteren Einflüsse leicht einige
wenige, für gewisse Hauptkategorien typische Beispiele ausfindig machen.
Bei diesen rein methodischen Überlegungen haben wir natürlich auf die
Resultate der Versuche, also auf die Präzision der Hauptleistungen nach
den verschiedenen Vorbereitungen, nicht weiter einzugehen. Doch sei hier
besonders betont, daß Vorurteile, die sich in dieser Hinsicht auf Grund un¬
genügender Erfahrungen entwickelten, gerade hier bisweilen hinderlich ge¬
wesen sind, so daß man ganz korrekte empirische Ergebnisse für paradox
hielt. Wer sich aber einmal den Unterschied zwischen der Tätigkeit der
Apperzeption und der wirklichen Neuauffassung selbst klar gemacht hat, wird
von vorn herein mit der Möglichkeit rechnen, daß z. B. gleichzeitige Neben¬
eindrücke nicht nur zu stören brauchen, sondern eventuell auch günstige An¬
regungen ausüben können, daß die Unwissentlichkeit und die natürliche Ver¬
teilung der Aufmerksamkeit, insbesondere auch die Unvoreingenommenheit
bezüglich des Zeitpunktes, auch eine positive Kontrastwirkung des Neuen
einführt, während dagegen die fortgesetzte Konzentration auf die kritische