Die Vergleichung von Unterschieden.
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Jedenfalls kommt aber mit diesem Abstand eine Vieldeutigkeit bezüglich
der Unterscbiedsschwelle herein, bei der nur eine sorgfältige Berücksichtigung
der jeweiligen Nebenumstände falsche Verallgemeinerungen verhüten kann.
Von hier aus betrachtet erscheint daher wohl gerade die auf jedem
Sinnesgebiet ableitbare Veränderungsschwelle für eine plötz¬
liche Veränderung als ein besonders eindeutig bestimmter Grenz¬
fall, an welchem sich spezielle psychische Einflüsse auf die Schwelle am
vergleichbarsten untersuchen lassen. Weil aber sowohl für die Sinnes¬
erregungen selbst als auch für ihren psychologischen Effekt die Veränderung
zeitlich bestimmt abgegrenzt sein muß, so wird speziell die Schwelle
für kurzdauernde Veränderungen, die den Reiz nur für eine kurze
Zeit von einer konstanten Ausgangslage abweichen lassen, für
solche Untersuchungen der symptomatischen Bedeutung der
Schwelle das vergleichbarste Reagens abgeben können, worauf wir
§ 42ff. noch ausführlicher zurückkommen werden. Auf einem Sinnesgebiete,
auf dem innerhalb bestimmter Grenzen die Erregung bei konstanter Ein¬
wirkung des Reizes ungefähr proportional zur Reizzeit ansteigt, wie bei der
Intensität der Lichterregungen, wird man dann auch zugleich die Inten¬
sitätsabstufung der subjektiven Veränderung durch eine Variation
der Reizzeit vornehmen können1). Äußerlich fällt also dann die Ableitung
einer solchen V.-S. völlig mit derjenigen der Veränderungs-Zeitschwelle bei
einer stetigen Variation nach S. 294f. zusammen; nur ist hier natürlich keine
unwissentlich variable Zwischenzeit vom Beginn der Beobachtung an er¬
forderlich, da sich die ganze Beobachtung stets auf einen einzigen psychischen
Akt zusammendrängt.
Kapitel 11.
Die Vergleichung von Unterschieden.
40. Die Vergleichung nur teilweise vergleichbarer Gegenstände im allgemeinen.
In den bisherigen Beispielen der Vergleichsmethode setzten wir im all¬
gemeinen stets voraus, daß die beiden Gegenstände, die miteinander ver¬
glichen werden, bei V = N objektiv und bei V = A (Äquivalenzwert) sub¬
jektiv vollständig gleich seien, abgesehen von ihrer numerischen Verschieden¬
heit mit ihrem Unterschied der Raum- und Zeitlage. Auch im alltäglichen
Leben macht man bei der Aufgabe, etwaige Unterschiede zwischen zwei
Gegenständen festzustellen, alle mit diesen enger verbundenen Nebenum¬
stände möglichst gleich, und die Raum- und Zeitlage, bei öfterer Umkehrung,
wenigstens möglichst ähnlich. Vor allem die soeben bei der Veränderungs¬
schwelle erwähnte Sukzession an der nämlichen subjektiven Stelle des
Wahrnehmungsfeldes in einem angemessenen Tempo läßt zwei auch sonst
1) Vgl. unten § 44.