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W. Wirth, Psychophysik.
geltend gemacht haben, bei den sog. „Interprétateurs“, die bei bestimmten
Reihen seiner Messungen der Raumschwelle sogar bei der Distanz 0 stets
eine Zweiheit wahrnahmen und dadurch die Angabe einer Schwelle über¬
haupt unmöglich machten. Da aber gerade bei dieser Stufe 0 der Er¬
wartungsfehler als solcher rein heraustritt, so läßt sich eine so wenig objek¬
tive V.-P. leicht seiner überführen, wenn man nur eine genügende Anzahl
von „Nullversuchen“, oft auch „Vexierversuche“ genannt, in den Vollreihen
vorbringt. Durch sofortige nachträgliche Mitteilung der Verfehlung dieser
Kontrolen wird sich dann meistenteils auch eine objektivere Einstellung er¬
zielen lassen, falls der V.-P. selbst überhaupt daran gelegen ist.
Bei geübteren V.-P. wird aber sowohl bei jener einseitigen Ableitung
von s0 oder su als auch hier bereits eine passende Größe der Stufen hierzu
ausreichen, die auch bei durchweg gleich häufiger Darbietung (in zufälliger
Reihenfolge), eben infolge der Schwelle für wirklich objektiv bedingte
Wahrnehmungen, den Reiz oft genug unmerklich werden läßt, so daß man
nicht allzu sicher erwarten muß, daß er bei besonderer Aufmerksamkeit
bemerkt werden könne. Derartige Versuchsbedingungen bieten jedenfalls
die an sich nicht uninteressante Möglichkeit, ein Optimum der sog. „Em¬
pfindlichkeit“ — bzw. „UnterschiedsempfindHchkeit“ experimentell eindeutig
So
aufzufinden, das bei der Hinzunahme jeder weiteren Unwissentlichkeit in
einer der hier als bekannt vorausgesetzten Richtungen gestört würde. Wenn
es sich natürlich nur um die Bestimmung eines Fehlerhauptwertes oder der
„wahren“, vom Äquivalenzwert aus gerechneten Schwellen S, z. B. bei
Prüfungen des Web ersehen Gesetzes, handelt, wird die getrennte Ableitung
einer oberen oder einer unteren Schwelle nicht nur unnötig, sondern nach
dem früher Gesagten sogar untunlich erscheinen. Wo jedoch der ener¬
getische Gesichtspunkt der Auffindung physikalischer Äquivalente für mög¬
lichst genau umschriebene Leistungen vorwaltet, wird die Ableitung einer
Schwelle bei wissentlicher Konzentration auf eine einzige Variationsrichtung
als solche immer ihren Wert behalten. — Wollte man dagegen bei der Be¬
stimmung der einfachen Reizschwelle den Erwartungsfehler, weil man ihn
hier nicht durch eine negative Abstufungsrichtung unter Null beseitigen
kann, wenigstens durch einen unregelmäßigen und unwissentlichen Wechsel
der Lage und Art innerhalb eines gewissen Bereiches herabsetzen, so würden
hiermit natürlich auch für die Wiedererkennung ganz andere psychologische
Bedingungen eingeführt sein, an die bei dieser absoluten Reizschwelle zu¬
nächst nicht gedacht ist. Ja man kann sagen, daß bei jenen Versuchen,
bei denen es vom energetischen Gesichtspunkt aus eben nicht nur auf die
Vergleichbarkeit mit anderen Schwellen, sondern auf das absolute Mini¬
mum als solches ankommt, Resultate eines geübten zuverlässigen Beobachters,
dem außerdem auch die jeweilige Abstufungsrichtung bekannt war, von
besonderem Wert sein können.
b) Die Untrennbarkeit eines Fehlers der subjektiven Nulllage von dem
Schwellenmaß.
Wenn aber nun auch bei solchen Bestimmungen die absolute Reiz¬
schwelle ein völlig unanalysiertes Ganzes bildet, so weist doch schon die