Volltext: Handbuch der physiologischen Methodik, Dritter Band, Zweite Hälfte: Zentrales Nervensytem, Psychophysik, Phonetik (3)

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W. Wirt h, Psychophysik. 
überhaupt. Trotzdem wird man sieb aber mit der V.-P. über die Einheit¬ 
lichkeit oder Zwiespältigkeit des Eindruckes, über die sie in jedem Versuche 
allein zu urteilen hat, und über die Abstraktion von bloßen Intensitäts¬ 
änderungen u. ä. an der Hand stufenweiser wissentlicher Verminderungen 
übermerklicher Distanzen und wirklich einheitlicher punktueller Eindrücke 
verständigen können. Dadurch wird also wohl zunächst wenigstens Bi nets 
„Typus“ der sog. Simplistes zu kurieren sein, die bis zu sehr großen objek¬ 
tiven Distanzen keine Extension oder Zweiheit herausfinden. Denn bei ihnen 
dürften eben nur diese Voraussetzungen für die Wiedererkennung minimaler 
Grade an sich bekannter Qualitäten noch nicht erfüllt sein. 
In der reproduktiven Norm für die Urteilsabgabe bei solchen Versuchen 
ist natürlich neben dem rein Inhaltlichen auch noch das besondere formale 
Moment der Objektivierung enthalten, das in der Ableitung der Extensions¬ 
schwelle bei an sich bereits übermerklichen Gesichts- oder Tasteindrücken 
nicht so deutlich hervortritt, als etwa bei der Konstatierung ebenmerklicher 
einzelner Sinneseindrücke, vor allem auf Gebieten, die so starke subjektive 
Erregungen aufzuweisen haben, wie das Tast- und Sehfeld. Denn die V.-P. 
soll ja hierbei keineswegs das Vorhandensein einer Empfindung überhaupt 
konstatieren. Ihr Urteil hat sich vielmehr eben auf das Dasein eines äußeren 
Reizes zu beziehen, das freilich durch einen bestimmten Empfindungs¬ 
verlauf repräsentiert wird. Die Frage nach den Kriterien der Objektivierung 
und der Quantität eventueller Fehler in dieser Hinsicht ist aber natürlich 
keine Domäne der Reizschwellen-Untersuchung; vielmehr kommt die eigen¬ 
artige Abgrenzung zwischen Objektivem und Subjektivem bei allen psycho¬ 
logischen Versuchen in Frage, bei denen die spezielle Leistung in einer 
Erkennung von objektiven Vorgängen besteht oder durch sie bedingt ist, 
also insbesondere auch bei den Vergleichungen übermerklicher Reize unter 
sich. Allerdings bringt der längere Ausschluß stärkerer Reize bei der Be¬ 
schäftigung mit minimalen Reizstufen eine besondere Steigerung der Erreg¬ 
barkeit mit sich, welche die subjektiven Erscheinungen den objektiv bedingten 
Empfindungen besonders selbständig gegenübertreten läßt. Doch sind sowohl 
die hieraus entspringenden Fehler als auch die Prozesse, durch die wir bei 
der Auffassung der Objekte von ihnen zu abstrahieren vermögen, von ana¬ 
logen Vorgängen bei der Beschäftigung mit deutlich übermerklichen Reizen, 
deren stärkere Erregung trotz der geringeren Reizbarkeit störende Nach¬ 
wirkungen zeitigt, nicht prinzipiell verschieden. 
Zur Ableitung des unteren Bedingungsextremes für die Wiedererkennung 
einer bestimmten Qualität werden nun nach § 29 verschiedene minimale Reiz¬ 
stufen einschließlich der Stufe Null in „Vollreihen“ dargeboten und die relativen 
Häufigkeiten der beiden Urteile: „Reiz bemerkt“ und „Reiz nicht bemerkt“ 
ermittelt, der beiden Hauptfälle, auf die sich hier die Möglichkeiten redu¬ 
zieren, wenn man, wie bei der Methode der drei Hauptfälle für die Bestimmung 
von Unterschiedsschwellen, die Fälle der Unbemerktheit und der Unsicher¬ 
heit in eine Gruppe zusammenfaßt. Man hat also hier dann gewissermaßen 
nur u- und g-Fälle, die überall kontradiktorische Komplemente1) sind, so daß 
1) Der Methode der fünf Hauptfälle für Unterschiedsschwellen entspräche eine 
weitere Zerlegung der Kurve Fg(x) in eine mit der X-Achse geschlossene Kurve der
	        
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