Die subjektiven Äquivalente und die Unterschiedsschwellen.
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a um f verschiedene Reiz a—f=b mit dem auch von b um f, von a also
um 2f entfernten Reiz a—2f äquivalent befunden werden. Lehmann be¬
trachtet nun die hieraus rein analytisch folgende Notwendigkeit, daß die
Gleichung
a + (a-2f)__b
wieder auf den in beiden Lagen gleichen Normalreiz b = N = a—f zurück¬
führt, als „Elimination“ des Fehlers durch die Bildung des arithmetischen
Mittels aus den äquivalenten Yergleichsreizen Ya und Yb in den beiden
entgegengesetzten Yersuchslagen, die nach [295] und [295 a] einzeln für
sich mit dem Fehler -f- f und —f behaftet wären. Doch erachtet
Lehmann die genannte Voraussetzung nur bei dem sog. „Raumfehler“
(Fechner) erfüllt, der etwa in unserem obigen Beispiel allein vorhanden
wäre, wenn die direkt und die indirekt gesehene Strecke nur in verschiedener
„Raumlage“, aber gleichzeitig zum Vergleich dargeboten würden. Die Herkunft
des „Totalfehlers“ ist jedoch eine andere, wenn zu der Verschiedenheit der
Raumlage noch eine solche der „Zeitlage“ hinzutritt, zwei Fehlerquellen,
mit denen Fechner bei der passiven Beurteilung fertig dargebotener Reiz¬
stufen die Elementarkonstruktion des Totalfehlers für erschöpft ansah. Sie
vereinigen sich, wenn z. B. die foveal gesehene Strecke zuerst und die.
peripher abgebildete darnach allein für sich dargeboten wird, also ein
Sukzessiv vergleich vorliegt. Zunächst kann aber natürlich auch nur ein
reiner „Zeitfehler“ ohne gleichzeitigen „Raumfehler“ zustande kommen,
wenn die beiden Yergleichsstrecken A und B sukzessiv in der nämlichen
Lage auftreten. Allerdings wird auch bei der simultanen Darbietung
und der Vorschrift zu simultaner Auffassung zweier Strecken die
psychologische Stellung der beiden Bewußtseinsinhalte bei der geistigen
Verarbeitung bis zur Reproduktion des Urteils nicht immer gleichzeitig die
nämliche sein. Aber diese „Zeitlagen“ der für das Resultat entscheidenden
Zuständlichkeiten jedes der beiden Bewußtseinsfundamente der Relation
sind hierbei unter Umständen nicht weiter kontrollierbar und können
dann nicht wie sog. „systematische“ Fehler in Betracht gezogen werden.
Auch bringt die Simultan Wahrnehmung keineswegs etwa immer einen geringeren
Fehler mit sich, da die Sukzession ihrerseits doch auch wiederum manche
gegenseitige Störungen bei gleichzeitigen direkten Sinneswahrnehmungen
beseitigt. Die von Fechner hierbei, sogleich in Erwägung gezogene
Frage nach der Kombination der einzelnen Komponenten kommt aber hier
bei dem Begriff des Totalfehlers und seiner Umkehrbarkeit noch nicht in
Betracht, bei der sowohl die Lage A als auch die Lage B immer eine ganz
bestimmte Verbindung aller gleichzeitig wirksamen Fehlerquellen
bedeutet. An jener „Umkehrbarkeit“ der Lage des N und V ohne
Verschiebung des absoluten Fehlerbetrages für das äquivalente
Reizpaar a,b kann also auch durch die Einführung des „Zeitfehlers“
gar nichts geändert werden.
Müller faßt jedoch auch seinen Satz so allgemein, da er bei
kleinem d die Verschiedenheit der Nachwirkung vernachlässigen zu können
glaubt. Doch erkennt auch er bereits die besonderen Schwierigkeiten der