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W. Wirth, Psychophysik.
aber auch nach der Beobachtung der Summenfunktion die Koeffizienten
nicht etwa, wie es an sich wohl möglich wäre, auf dem Umwege bestimmen,
daß man erst einzelne Ordinaten des einfachen K.-G. f(x), auf den sich ja
r($l) und h beziehen sollen, an der Hand der Relation [222] und [226] mittels
der numerischen Differentiation (vgl. § 19) rekonstruiert und dann nach [133]
bis [135] operiert. Da die endliche Reihe mit wenigen Gliedern doch immer
nur eine angenäherte Darstellung des K.-G. bieten kann, so setzt man nach
Bruns1) in einem solchen Falle vielmehr lieber zunächst mittels eines an¬
genäherten Wertes der Grenzabszisse (bzw. s) und h eine bestimmte Reihe
von Abgeleiteten (und zwar höchstens bis zur sechsten Ordnung) fest und
ermittelt dann unmittelbar durch Ausgleichung diejenigen Koeffizienten, die
mit, ihnen zusammen möglichst kleine und gleichmäßig verteilte Fehler
ergeben. Sollten diese Koeffizienten noch nicht genügend konvergieren, so
kann man entweder jeweils noch eine weitere Ordnung der Ab¬
geleiteten hinzunehmen und dann von neuem ausgleichen, oder man kann
durch ein Korrektionsverfahren wie S. 207 neue Konstante s und h,
bzw. t — (dh — k) berechnen, die bei Beschränkung auf die nämliche Ordnung
der Abgeleiteten noch kleinere und besser verteilte Fehler übrig lassen.
2. Hat man nun keinerlei Anhaltspunkt dafür, wie sich die zunächst
gewählten Werte s und h zu dem arithmetischen Mittel s(2f) und dem aus
dem „mittleren Fehler“ M($l) als
— r berechneten Präzisionsmaße ver-
M Ÿ2
halten, so wird man dem System der p Beobachtungsgleichungen die Reihe
in ihrer einfachen allgemeinen Form [133] zugrunde legen, in der die
Abgeleiteten der Reihe nach von der ersten an Vorkommen. Unser un¬
mittelbares Verfahren nach §30 gibt aber ja in Gl. [240] und [254]
einschl. [72] und [85] sichere und bequeme Mittel an die Hand, um
unter Voraussetzung der stetigen Verteilung, wie sie durch die
Brunssche Reihe doch zunächst repräsentiert wird, die Werte
r0(9I), bzw. So(2l) = ro(20 — r, undM0($f) sowie die analogen Repräsen¬
tanten ra(§l) von fu(x) ohne weiteres mit beliebiger Genauigkeit
zu berechnen. Setzen wir aber diese Größen s(5l) und h =-----
M(5l) y 2
als bekannt voraus, so muß die Brunssche Reihe mit ihren aus
der nämlichen stetigen Verteilung berechneten Koeffizienten in
ihrer Normalform [141] erscheinen, in der die erste und zweite
Abgeleitete fehlt und nach <P sogleich <?3, &A usw. folgt. Es ist also
zur praktischen Zweckmäßigkeit dieses Verfahrens, dessen Ansatz bis auf
die minimalen Schwankungen von s und h je nach der Auswahl der Inter¬
polationsmethode völlig eindeutig aus den Beobachtungen selbst abzuleiten
ist, nur noch erforderlich, daß die hypothetische Funktion f(x) dem einfachen
E.-G. wenigstens so nahe steht, daß die Koeffizienten etwa von demjenigen
der 5. oder höchstens der 6. Abgeleiteten an vernachlässigt werden dürfen.
An und für sich muß ja die Reihe bei einer unbegrenzten Gliederzahl für
jede beliebige Verteilung zum Ziele führen, und die praktische Einschränkung
1) Wahrscheinlichkeitsrechnung usw. (s. S. 33, A. 1), S. 284 ff. Vgl. auch Bruns
Darstellung in Wundt, Phil. Stud. XIV, 1898, S. 339ff. und Mosch, a. S. 134, A. 2 a. 0