Volltext: Handbuch der physiologischen Methodik, Dritter Band, Zweite Hälfte: Zentrales Nervensytem, Psychophysik, Phonetik (3)

Qualitative und Quantitative Analyse. 
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Wortes erfolgt, wie sie natürlich auch den Bewußtseinsinhalten in der 
Selbstbeobachtung zuteil werden kann, so wird also auch ein rein „quali¬ 
tatives Verfahren“ bei Anwendung des Experimentes niemals bei einer rein 
historischen Beschreibung stehen zu bleiben brauchen. Der Wert einer 
solchen ganz oder teilweisen qualitativen Induktion wird aber natürlich in 
dem Maße erhöht, als die qualitative Abwandlung der Bedingungen und 
ihrer Folge eine stetige ist. Auch in diesem Falle kann natürlich die In¬ 
duktion nach Schema [1] nur einzelne Fälle herausgreifen. Nach dem allge¬ 
meinen Stetigkeitsprinzip alles Geschehens steht dann jedoch auch für die 
dazwischenliegenden Stufen der A, B, C eine im rein qualitativen Verfahren 
freilich nicht näher bestimmbare Zwischenstufe zwischen den nächstbenach¬ 
barten Fn und Fn-h als deren Folge zu erwarten. Der Wert eines solchen 
Systems beruht eben darauf, daß die Erfahrung zwar niemals genau die 
nämliche Situation, aber doch wenigstens ähnliche wiederkehren läßt, die 
von ihm bei der Möglichkeit einer „qualitativen Interpolation“ mit umfaßt 
werden können. Im Gebiete solcher stetig abstufbaren Qualitäten 
ist aber jederzeit auch die Größenauffassung oder die Abbildung 
durch die Zahlenreihe am Platze, und bei eindeutiger experimenteller Fixier- 
barkeit ihrer Beobachtung kann auch jederzeit eine mehr oder weniger genaue 
Messung stattfinden. Die natürliche, enge Zusammengehörigkeit der ver¬ 
schiedenen Grade einer konstanten Qualität A, B usw. drängt dann geradezu 
ganz von selbst dazu, die in verschiedenen Stufen wiederkehrenden Zu¬ 
sammenhänge unter das begriffliche System einer Funktion oder eines „Ge¬ 
setzes“ zusammenzufassen. 
10. Die Auffassung der Bewußtseinsinhalte als Größen überhaupt und ihre 
direkte Meßbarkeit. 
Während die Anwendung der reinen Analysis auf die gedanklich kon¬ 
struierten Gebilde der Geometrie das Vorbild aller Anwendungen der Mathe¬ 
matik auf gegebene Verhältnisse überhaupt bildet, finden die Wissenschaften 
der realen Tatsachen einschließlich der Psychologie ihrerseits wiederum 
das Ideal des quantitativen Verfahrens in der physikalischen Messung, 
die durch die besondere Natur ihrer Gegenstände eine sehr genaue sein 
kann. Bei jeder Diskussion der Meßbarkeit ist jedoch die allgemeine Vor¬ 
frage, ob und wie Größen- und Zahlbegriffe auf die gegebenen Verhältnisse 
überhaupt anwendbar sind, scharf von der praktisch freilich ebenso wich¬ 
tigen Spezialfrage zu unterscheiden, welcher Grad der Genauigkeit nun 
bei der Messung im einzelnen, d. h. bei der Zuordnung bestimmter Zahlen 
zu bestimmten Gegenständen des Gebietes erreichbar ist. Zur direkten 
Anwendung des Zahlbegriffes überhaupt ist nur vorausgesetzt, daß die Ein¬ 
heiten des Gegenstandes, die den Einheiten der Maßzahl zugeorclnet werden 
sollen, im gemessenen Ganzen als gleichartige Elemente voneinander unter¬ 
schieden werden können. Zur beliebigen Genauigkeit dieser direkten 
Anwendung aber ist dann immer erst noch erforderlich, daß die als Ein¬ 
heiten betrachteten Elemente auch als völlig gleich nachgewiesen werden 
können, eine Voraussetzung, die offenbar nur für rein gedanklich kon¬ 
struierte Gegenstände extensiver Natur, also für Geometrie und Kinematik,
	        
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