Volltext: Handbuch der physiologischen Methodik, Dritter Band, Zweite Hälfte: Zentrales Nervensytem, Psychophysik, Phonetik (3)

Vorbemerkungen. 
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im engeren Sinne zu trennen sind. Zum Beispiel handelt es sich da um die 
Frage, woher es nach Durchschneidung des Rückenmarks der höheren Tiere 
zunächst zu Aufhebung, später zu Steigerung der Reflextätigkeit m dem 
von den oberen Teilen isolierten Rückenmarkabschnitten kommt. Am stärksten 
sind die Gegensätze der Auffassung bei der Deutung der Folgen von Rmden- 
exstirpationen gewesen. Sollen wir die in den ersten Tagen nach diesen Um¬ 
griffen sichtbaren Symptome als reine Ausfallerscheinungen deuten oder sind 
es nur indirekte Fernwirkungen, die vielleicht sogar mit den unvermeidlichen 
bis in entfernte Zellkomplexe ziehenden Degenerationen Zusammenhängen? 
Es würde den Rahmen der hier vorliegenden Aufgaben, welche das tech¬ 
nische der Methodik in den Vordergrund rücken, zu weit überschreiten, 
auch nur den Versuch einer Schilderung der verschiedenen Deutungsmöglich¬ 
keiten und Theorien zu geben, die allerdings für die rein funktionelle Be¬ 
urteilung von erheblicher Bedeutung sind. In einer Beziehung wird die aus 
den geschilderten Verhältnissen sich ergebende Unsicherheit wenig fühlbar 
sein, nämlich dann, wenn man die Eingriffe aus Interesse an der mensch¬ 
lichen Pathologie vornimmt, wenn man also bloß für eine am Menschen vor¬ 
kommende Zerstörung heim Tier Parallelfälle herstellen will, welche es ge¬ 
statten, die Ätiologie und Pathogenese des Falles nach allen Richtungen 
aufzuklären, ohne daß es darauf ankommt, aus den beobachteten Symptomen 
Schlüsse auf das normale Geschehen zu ziehen. 
Müssen hier mithin in funktioneller Beziehung noch manche Fragen 
offen gelassen werden, so läßt sich doch ganz allgemein schon eine. Regel 
aus dem vorigen ableiten und allem weiteren voranstellen, nämlich die, alle 
Eingriffe mit möglichster Sorgfalt und mit niemals stillstehenden technischen 
Bemühungen auszuführen. Zu dieser Sorgfalt gehört für Dauerversuche 
nicht in letzter Linie eine peinliche Asepsis, die nicht nur darin besteht, daß 
die üblichen Regeln innegehalten werden, sondern daß auch wirklich eine 
aseptische Heilung erfolgt. 
Ehe wir diese allgemeineren Erörterungen über die Möglichkeit, die nor¬ 
malen Funktionen zu ermitteln, verlassen, kann noch darauf hingewiesen 
werden, daß es wohl nur für rein anatomische Zwecke genügen kann, irgend¬ 
wo eine Verletzung von nicht näher vorausbestimmter Lage und Größe bei¬ 
zubringen; Aufschlüsse über die funktionelle Bedeutung der einzelnen Teile 
sind im wesentlichen nur dann zu erhalten, wenn die Eingriffe planmäßig 
auf solche Teile ausgedehnt und begrenzt werden, von denen man eine 
funktionelle Zusammengehörigkeit erwarten kann. 
Wenn auch von den im vorigen skizzierten Aufgaben der Methodik an 
dieser Stelle die am Nervensystem selbst erfolgenden Eingriffe im Vorder¬ 
grund stehen werden, so sind doch auch die nicht minder wichtigen Mittel 
zur Untersuchung der durch diese Eingriffe veränderten Leistungen 
des Zentralnervensytems mehr oder weniger ausführlich zu behandeln. 
Hingegen mußte davon Abstand genommen werden, überhaupt alle Me¬ 
thoden aufzuführen, welche der Physiologie zur Erforschung der Funktionen 
der Zentralorgane warmblütiger Tiere überhaupt zur Verfügung stehen, 
wenn man „Physiologie“ im eigentlichen weiten Sinne nimmt und die meist 
als „Tierpsychologie“ bezeichneten Bestrebungen einbegreift. Die nicht¬ 
operative Methodik der Tierpsychologie hat durch Claparède59) vor kurzem
	        
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