Selbstbeobachtung und Experiment.
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das Wissen in fertigen dispositioneilen Beziehungen wurzelt. Die Erfolge
der Willkürtätigkeit liegen also zunächst nur im Gebiete der motorischen
Veränderungen und der Modifikationen des Bewußtseinsgrades der Vor¬
stellungen. Wo es sich aber um Wirkungen eines bestimmten Wissens
und Wertens nach seiner Anregung im Bewußtsein, nicht um dessen Dasein
als solches handelt, da kann nun allerdings die Willkürtätigkeit, insbesondere
der Apperzeption, durch Abstraktion von dem betreffenden Vorstellungsbe-
stande auch diese Wirkung herabsetzen. So ist z. B. zwischen dem Wahr¬
nehmungsurteil, d. h. der unmittelbaren Beurteilung des Eindruckes,und dem
reproduktiv vermittelten Wissen von den objektiven Gegenständen psycho¬
logisch scharf zu unterscheiden, wenngleich beide Tatbestände in inniger
Wechselwirkung stehen. Wer aber einmal zwischen der Empfindung als
solcher und einem bloßen Wissen von den Gegenständen unterscheiden kann
und sich außerdem die Möglichkeit der Sinnestäuschung und die Tatsache
der Schwelle klar vor Augen hält, für den ist speziell auch die häufige
assimilative Rückwirkung dieses Wissens auf die Sinneswahrnehmung in dem
Maße vermindert, als er von dessen Inhalt gleichzeitig zu abstrahieren vermag.
Er mag aber als V.-P. noch so „objektiv“ sein, d. h. die eigentlich zu prüfenden
Sinneseindrücke als solche in einem noch so reinen Wahrnehmungsurteil zur
Geltung kommen lassen: Dennoch bleibt das meistens doch irgendwie
wirksame Wissen auch für ihn ein fühlbarer Widerstand seiner unbefangenen
Auffassung. In allen solchen Fällen wird man also hinsichtlich derjenigen
Punkte, über die sich ein Urteil im Versuche selbst erst entwickeln soll,
wenn irgend möglich, für den ganzen Verlauf der Untersuchung die strengste
Unwissenlichkeit für die V.-P. aufrecht erhalten. Soweit als es hierzu
erforderlich ist, muß dann natürlich auch die Vereinigung der Tätigkeit
des Experimentators und des Beobachters oder Reagenten in einer Person
ausgeschlossen werden.
6. Die zeitliche Einteilung des psychologischen Versuches (Vorbereitung, Haupt¬
leistung, Protokollierung und Erholungspause).
Zu jeder Hauptleistung, die in einem psychologischen Experimente
unter möglichst eindeutigen Bedingungen analysiert werden soll, bedarf
nun die Versuchsperson, abgesehen von einer passenden körperlichen und
geistigen Verfassung im allgemeinen zur erfolgreichen Wirksamkeit
jener speziellen Apperzeptions- und Bereitschaftsimpulse, die an
der Herstellung der Ausgangslage immer wieder von neuem beteiligt sind,
einer angemessenen Vorbereitungszeit. Wo die instruktionsmäßige Er¬
reichung der Ausgangslage eine besonders schwierige ist und daher je nach
der augenblicklichen Verfassung gewissermaßen einen verschieden weiten
und kräftigen Anlauf unter steter Selbstkontrolle der V.-P. erfordert, ist es
dann häufig vorteilhaft, wenigstens den Zeitpunkt für den Eintritt der
Reize, an die sich die Hauptleistung anschließen soll, durch geeignete
mechanische Vorrichtungen der V.-P. selbst zu überlassen (Selbstaus¬
lösung des Reizes). Doch kann es sich natürlich in anderen Versuchen
auch darum handeln, in objektiv bestimmten Zeitpunkten den Grad der je¬
weiligen Anpassung an eine gegebene Vorschrift zu untersuchen. In diesen