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aufgetreten, vö.llig constant bleiben, mögen auch die
Träger in anderen Eigenschaften noch variiren. Von den
Trägern des dominanten Merkmales in der zweiten
Generation „vererbt” nur ein Drittel dasselbe constant,
die anderen zwei Drittel liefern dominantmerkmalige
und recessivmerkmalige Descendenten wieder im Ver¬
hältnisse von 3:1. Schon bei dem Mendel’schen Schema
waren als „Ausnahmen” gewisse Merkmale als verkoppelt zu
erkennen, z. B. Purpurfleckung der Blattachseln und purpurfarbene
Blüthe, in ganz seltenen Einzelfällen kam ferner gleichzeitige
Ausprägung oder Mischung beider concurrirender Merkmale, so¬
wie andeutungsweise Mosaikbildung vor (Tschermak). Immerhin
lässt sich das Mendel’sehe Schema als das einfachste Beispiel
der gesetzmässigen Werthigkeit der Merkmale sehr gut unserer
kritischen Prüfung der bisher ausgeführten Kreuzungen am Ge¬
treide zu Grunde legen. Für gewisse Rassenunterschiede wird
sich dabei mit grosser Wahrscheinlichkeit der Werthigkeits-
charakter dominant oder recessiv mit allen den oben angedeuteten
Gonsequenzen ergeben — andere Merkmale werden jedoch anderen,
complicirteren Schematen folgen. Es werden sich so vorläufige
Werthigkeitstabellen gewinnen lassen, welche allerdings noch der
genauen Nachprüfung bedürfen, die aber die nothwendige Grund¬
lage eines rationellen Züchtungsplanes darstellen.
Die Technik der künstlichen Kreuzung bei Getreide werde
ich erst bei der Mittheilung meiner eigenen Versuche behandeln.
Die nachstehenden Erörterungen betreffen hauptsächlich die grund¬
legenden, schönen Arbeiten von W. Rimpau,1) sowie deren Er¬
gänzung durch Liebscher2) und die Mittheilungen, welche mir
gelegentlich einer skandinavischen Studienreise von dem Director
der mustergiltigen Anstalt des schwedischen Saatzuchtvereines in
Svalöf, Herrn Dr. N. Hjalmar Nilsson und seinen Assistenten
in der entgegenkommensten und dankenswerthesten Weise ge¬
macht wurden. Durch die Gewährung eines Stipendiums zu dieser
Reise hat mich das k. k. Unterrichtsministerium zu ganz beson¬
derem Danke verpflichtet.
, i) Kreuzungsproducte landwirtschaftlicher Culturpflanzen. Landwirth-
schaftliche Jahrbücher 1891.
2) Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaften, Bd. XXIIf, 1889, S. 215.