IX Mt>':>hologie und Systematik als phylorrmattoche WiHHemtchaften. 461
die verschiedenen Kategorien der organischen Bihlungen aufzu¬
fassen sind.
Ls ist früher und auch in neuerer Zeit versucht worden, orga¬
nische Bildungen nach irgend welchem Axiom zu construiren. Das
Axiom wurde ohne Begründung hingestellt, auf die Ursachen nicht
eingetreten, die Hypothese auch den widerstrebenden Thatsachen
aufgezwungen oder letztere ignorirt. Ein solches Verfahren ist ein
Nachklang aus der naturphilosophischen Epoche, wenn auch der
Flug minder kühn geworden ist. Wir verlangen aber jetzt einer¬
seits ein streng objectives Verfahren mit genauer Beobachtung des
Thatsächliclien und andrerseits streng logische Folgerungen aus
sicheren Thatsachen oder Gesetzen. Soweit die sinnliche Wahr¬
nehmung reicht, darf kein beobachtetes Factum der aufgestellten
Thoorie widersprechen, oder es müssen für die Ausnahmen |die Ur¬
sachen nachgewiesen werden. Verhältnisse, welche jenseits der sinn¬
lichen Wahrnehmung liegen, dürfen nur auf Grund ganz sicherer
physikalischer und chemischer Thatsachen mit Hülfe eines exacten
mechanischen Verfahrens ‘beurtheilt und entschieden werden.
Dies sind ja die Grundsätze, die allgemein gültig für die mo¬
derne Wissenschaft sind, wodurch sie sich als exacte Methode von
dem früheren Meinungsverfahren unterscheidet. Ist aber die zu
beurtheilende Bildung organischer Natur, so muss nach den vor¬
ausgehenden Erörterungen zuerst entschieden wrerden, ob sie dem
erblichen Gebiet angehöre oder nicht, und ob sie demnach nach
«1er phylogenetischen oder nach der experimentellen Methode zu
entscheiden sei.
Ich hebe noch einmal ausdrücklich hervor, dass nach meiner
Ansicht die Bedeutung einer jeden vererbten, physiologischen oder
morphologischen Erscheinung im Baupläne des ganzen Pflanzen¬
reiches nur auf dem phylogenetischen Wege erforscht werden kann,
und ich wiederhole dies, um bei der Besprechung der andern Auf¬
gabe, nämlich der systematischen Bedeutung der einzelnen Pflanzen¬
sippen, nicht missverstanden zu werden. So leicht verhältnissmässig
der phylogenetische Nachweis bezüglich der einzelnen Theilerschei-
nungen einer Ontogenie gelingt, so schwer oder unausführbar ist
meistens der phylogenetische Nachweis für die ganze Ontogenie, und
also auch für die Sippe. Man schlägt gewöhnlich das umgekehrte
\ erfahren von demjenigen ein, das man nach meiner Ansicht an wenden