Volltext: Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre

TV. Anlägen and sichtbare Merkmale. 
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auftreten. Ueberhaupi. lässt sich dis Unverträglichkeit zweier 
Merkmale kaum denken; denn selbst die Vereinigung der beiden 
Geschlechtsorgane wird in ausnahmsweisen Zwitterbildungen voll¬ 
zogen und kann nur dadurch erklärt werden, dass die männliche 
und die weibliche Anlage sich gleichzeitig entfaltet haben. 
Wenn von zwei Anlagen nur je die eine oder andere in einem 
Individuum zur Entfaltung gelangt, so müssen wir daraus schliessen, 
dass in dem Idioplasma eine irgendwie beschaffene Abneigurg vor 
der gleichzeitigen Erregung derselben bestehe. Das Vorhandensein 
einer solchen Abneigung setzt eine vollständige Selbständigkeit und 
Trennung der Anlagen voraus. Erreicht die Abneigung nicht den 
erforderlichen Grad und gelangen demgemäss beide Anlagen mit¬ 
einander in einem Individuum zur Entwicklung, so können je nach 
dem Grade der Zu- oder Abneigung ihre Merkmale auf verschiedene 
Weise vereinigt sein und somit ein verschiedenartiges Gesammt- 
merkmal darstellen. Die Verschiedenheiten bewegen sich in allen 
möglichen Abstufungen zwischen zwei extremen Fällen, von denen 
der eine die beiden Merkmale in unveränderter Beschaffenheit neben 
einander liegend, der andere sie vollständig zu einer mittleren Be¬ 
schaffenheit durchdrungen zeigt. Man kann sich das Zustande¬ 
kommen dieser verschiedenen Bildungen in einfachster Weise wohl 
so vorstellen, dass dieselben ein Bild der Anlagen selbst geben, dass 
entweder die ganzen Anlagen neben einander sich befinden, oder 
dass sie in grossere oder kleinere, selbst bis in die kleinsten Partien 
getrennt und durcheinander gemengt sind. 
Um das Gesagte anschaulicher zu machen, will ich es an einem 
Beispiel erläutern und dazu wieder die Farbe wählen. Es giebt 
Pflanzen, deren Liüthen zwischen blau, roth, weiss und gelb ab- 
ftndern, und ich will annehmen, dass für diese Farben eben so 
viele verschiedene Anlagen im Idioplasma vorhanden seien. Obwohl 
diese Annahme ohne Zweifel nicht ganz den richtigen Ausdruck 
besitzt, mache ich sie dennoch, da es sich bloss um ein erläuterndes 
Beispiel handelt, und die Voraussetzung jedenfalls für verschiedene 
andere Merkmale gelten würde, die aber dem Verständniss schwerer 
zugänglich sind. Gewöhnlich ist eine der Blüthenfarben die doini* 
nirende und kommt, wenn jene einander ausschliessen, den meisten 
Individuen zu. So blüht das Leberblümchen (Anemone Hepatica) 
in der Regel blau, ausnahmsweise auch roth oder weiss. In den
	        
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