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Die Diagnose Cystinurie mit Steinbildung stützte sich
einerseits aut die Beschaffenheit der Goncremente, deren Farbe
wachsgelb, Oberfläche uneben, Consistenz ziemlich fest war
andererseits auf das Ergebniss der Harnuntersuchung. Der
Urin, in normaler Menge gelassen, spec. Gew. 1016, etwas
trübe, frisch entleert meist von neutraler oder leicht alkalischer,
seltener schwach saurer Reaction, liess in seinem ziemlich
reichlichen Sediment neben Epithelzellen, Eiterkörperchen,
Bakterien eine grosse Masse jener charakteristischen in Am¬
moniak leicht löslichen sechsseitigen Tafeln der Cystinkrystalle
nach weisen und gab mit alkalischer Bleilösung gekocht nach
kurzer Zeit einen beträchtlichen Niederschlag von Schwefelblei.
Als nächste Aufgabe für ein eingehendes Studium des
\orliegenden t alles musste es nun erscheinen, durch quanti¬
tative Bestimmungen Kenntniss von der Grösse der täglichen
Cystinausscheidung zu erhalten. Zu diesem Zwecke sind von
verschiedenen Autoren eine ganze Reihe von Methoden vor¬
geschlagen und angewandt worden.
ToeP) bestimmte in den beiden bekannten Fällen von
Cystinurie, die zwei Schwestern betrafen, das ausgefallene
Cystin durch Wägen des Sediments, das im Harn gelöste,
indem er hierfür die Gesammtmenge des nicht oxydirten
Schwefels in Rechnung brachte.
Niemann und Tollens’), nach ihnen Ebstein3/,
versetzten den Harn mit Essigsäure und Salicylpulver, um
die Erdphpsphate in Lösung zu erhalten und der ammoniaka-
lischen Gährung vorzubeugen. Wenn dann das Cystinsedi¬
ment sich vollständig abgeschieden hatte, wurde der Harn
filtrirt, das Sediment womöglich mit einem Male auf das Filter
gebracht, mit kaltem Wasser ausgewaschen, in Ammoniak
gelost und aus der filtrirt en Lösung nach Verjagen des Am¬
moniak das Cystin erhalten, eventuell durch Umkrystallisireii
aus der alkoholisch -ammcniakalischen Lösung nochmals ge¬
reinigt und gewogen. .
') Liebig's Annalen, Bd. 9G, S. 251.
-) D. Arch. r. klin. Med., Bd. 18, S. 28*2.
3) Ibid., Bd. 23 u. 30.