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liehst gleich zu halten suchten, sind also: Das Verhältnis
zwischen Ei weissmaterial und Wasser, die Temperatur, der
Grad der Alkalescenz der Flüssigkeit, der beschränkte Zutritt
von Luft und bis zu einem gewissen Grade die Natur der
Organismen. Dagegen wurde variirt: die Natur des fäulniss-
fähigen Materials, die Zeitdauer der Fäulniss und in ein¬
zelnen Versuchen auch der Zutritt der Luft.
Man könnte uns vielleicht eiuen Vorwurf daraus machen,
dass wir nicht bestimmte, vorher angezüchtete Organismen
zur Zersetzung des Eiweiss angewendet haben, wir glauben
indessen gute Gründe für unser Vorgehen geltend machen zu
können. Erstens ist es bisher ganz unbekannt, welche
Organismen besonders befähigt sind, die Spaltung des Eiweiss
zu bewirken1) und diese zu ermitteln ist eine Aufgabe von so
erheblichem Umfange, dass man uns wohl nicht die Ver¬
pflichtung zuschieben wird, ihre Lösung ad hoc zu versuchen.
Ausserdem aber ist zu erwarten, dass gerade diese Aufgabe
durch eine vorgängige genaue, womöglich quantitative Er¬
mittelung der Fäulnissprodukte, soweit dieselben nicht schon
bekannt sind, einige Förderung erfahren würde. Zweitens
wäre es bei der Anwendung bestimmter, reingezüchteter Arten
von Spaltpilzen natürlich noth wendig gewesen, die zur Zer¬
setzung bestimmten Materialien vorher zu sterilisiren. Dieses
wäre überhaupt nur bei einem bestimmten Theil des Materials
ohne allzu grosse Aenderungen der physikalischen Eigen¬
schaften möglich gewesen, welche für die Schnelligkeit des
Eintritts und Verlaufes der Fäulniss sehr wesentlich sind.
Uebrigens bietet die Sterilisirung so grosser Quantitäten von
Material, wie wir sie anwendeten— und zur genaueren Unter¬
suchung der Produkte anwenden mussten — ganz bedeutende
technische Schwierigkeiten. Eine solche vorgängige Sterilisirung
glaubten wir bei der Impfung mit aus spontaner Aussaat
hervorgegangenen Pilzen entbehren zu können, da es nicht
anzunehmen war, dass auf der Oberfläche der Materialien
andere Keime haften sollten, als die gewöhnlich in der Luft
D Oder war es wenigstens, als wir unsere Versuche machten, vgl,
Bienstock: Fortschritte der Medicin 1883, Nr. 19.