Ja der Malersehule.
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geliefert, eben in Dürers Lehrzeit zur Ausführung kam.
Irgend eine künstlerische Kraft war also da, von der er mehr
lernen konnte als nur das Handwerk. Er hat, wie das Bild
seines Vaters dann zeigte, die Gelegenheit genützt.
Und noch etwas anderes, für seine spätere Arbeit un-
endlich wichtiges wurde ihm vermittelt: die genaue Kenntnis
der Formschneidekunsk, die Vertrautheit mit allen Mitteln
und Ausdrucksmöglichkeiten des Holzschnitts.
Auf diesem Gebiet nun hat Wohlgemut ohne allen
Zweifel etwas zustande gebracht, das mehr ist als bloßes
Unternehmertum, und das ihm seine eigene Bedeutung auch
in der deutschen Kunskgeschichte sichert. Den Wert seiner
Leistung zu begreifen, müssen wir weiter ausholen und uns
die Entwicklung der deutschen F;)olzschneidekunst bis zu diesem-
Punkt Vor Augen führen.
2.
Das Lesenlernen ist dem Nordländer nicht leicht ge-
fallen. Es bedurfte für die Kirche, die im Buche einen ihrer
besten Werber wußte, vieler Mittel, die nordischen Barbaren
an das Pergament zu fesseln. Was dieses Bestreben allein
aus den Schriftzeichen hierzulande gemacht hat, ist jeder
Beachtung wert. Die Buohsiaben an sich, die Runen waren
eine uralt nordische Erfindung. Nur die weltliche Ausnutzung
dieser heiligen Zeichen, ihr Massenverbrauch war unbekannt.
Um die schnelle Aufnahme ganzer Wortbilder, dem Süden
seit zwei Jahrtausenden geläufig, dem Auge zu erleichtern,
wandelte man die runengraden Zeichen ab durch jene Schnörkel
und Haken, die den großen Vorteil hatten, die Schriftteile
untereinander zu binden, wirkliche Wortbilder statt bloßer
Buchskabenreihen zu schaffen, und die zudem etwas von der
dem Norden eigenen Kunsiempfindung in die starren Buch-
ftabengruppen hineinbrachten.
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