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Bei den Eltern.
Rundsi"äbe und Rippen, läßt keiner Strebe mehr ihren un-
gebrochenen Zug, und den Turm vollends hat es ganz und
gar ausgezehrt und aufgelöst.
Die Künstler, die ,,Vol1er Gestalt- waren, gingen wacker
dagegen an. Ihre Gebilde, tierische wie menschliche, heilige
und unheilige setzten sie hinein in das Geheck wo es am
dichtesten war. Das aber ist stärkeren Triebes. Die deutsche
Kunitgeschichte des 15. Jahrhunderts ist, wie im Ornamentalen
ein steter Aufsiieg, so im Figiirlichen bis nahe ans Ende ein
steter Niedergang. Ein Manirismus greift um sich, der alle
miihseligen Errungenschaften bildlicher Gestaltung wieder
wanken macht. Folgen wir dem Gang der Dinge, so meinen
wir, nur wenige Jahrzehnte der Entwicklung damals müßten
hingereicht haben, auch den letzten Rest noch zu vertilgen.
4.
Das ist der Augenblick, in dem der junge Dürer einseizt,
und mit ihm eine Kraft, die nicht zu brechen ist. Von Anfang
an zeigt er den unbeugsamen Willen zur GesiaIt. Es be-
herrscht ihn wie ein Dämonion. Wo irgendein Mittel in Sieht
kommt, gegen die Gefahr der Ornamentik anzugehen, da
stürzt er Ich drüber. Mit heißem Bemühen ergründet er,
was die Kunsi seiner Zeit, die nahe und ferne, an Andeutungen
hergibt und baut es aus. Er geht unter die Gelehrten, wird
selbst ein Gelehrter, die Gesetze des Figürlichen Ich eigen zu
machen. Das läßt ihn nicht los bis an sein Lebensende, hier
ringt er, wie nur je ein Mensch mit einer unsichtbaren Kraft
gerungen hat. ,,Jch lasse dich nicht
.Dürer stand nicht allein. Es wäre unwahr, die Arbeit
anderer Künsiler, die Entsprechendes wollten, zu übersehen
oder zu verkleinern. Allein in Nürnberg haben wir treibende
Mächte wie Adam Krafft, Veit Stoß, Peter Vischer. Un-