1 1. Der Menscl)cnsohn.
I.
Das Jahr 15o9, in dem Dürer sein Marienbild aus der
Werkstatt gab in dem Gefühl, mit ihm eine Kunde seines
Ruhmes in die Zukunft zu entsenden, ist von Bedeutung auch
für seine äußere Lebensgeschichte. Das väterliche Haus
unter der Besten hatte er bis dahin in gemeinsamem Besitz
mit seinem Bruder Andreas bewohnt. Nun bot sich die
Gelegenheit zum Ankauf eines Hauses, das er ganz sein
eigen nennen konnte. Der Askronom Bernhard Walther,
des großen Regiomantanus beriihmtester Schüler, war ge-
storben. Sein Haus beim Tiergärtner Tor, das Eckgebäude
an der 8isfelgasse, ,,gegen Sonnenaufgang siehend", kam
zum Verkauf. Diirer erwarb es für 275 rheinifche Gulden,
in barem Golde zu zahlen.
Es ist das aller Welt bekannte Dürerhaus in Nürnberg,
ein Walfahrtsort der geistigen Menschheit wie die Luther-
skube auf der Wartburg oder der Goethesii5 in Weimar.
In diesem Hause, in dem Raum, den wir wohl alle mindestens
im Bilde kennen, wurden die geiskigen Kämpfe ausgetragen,
denen wir unverlierbare Werte unseres geistigen Besitzes
danken. Härter waren sie nie als in den ersten Jahren, die
Dürer hier gehaust hat. Damals geschah es, daß er das
lehre Fremde in sich niederrang, daß er der Kunst in Deutsch-
land die Wege freilegte zu deutscher Art.
,,Meines Stechens will ich auß warten" schrieb Dürer an
Jakob Heller, als er ihm seinen Entschluß mitteilt, Niemand