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Geßeigerte Größe.
Majestc"it der gutmütige und kluge Greis, der noch vom Alten-
teil aus die Familie am würdigsken vertritt, und den in dieser
besonderen Form der Süden gleichfalls nie gestaltet hat.
In diesen Köpfen und in diesen Gestalten zog es Dürer
nach zwei Seiten. Das ist das Innerdramatisihe des Werkes,
das seinen Schöpfer, je mehr er sich darin versenkte, um so
siärker zur Entscheidung mahnte, entweder ganz auszugehen
in der großen Malerei italienischen Stils, oder von ihr zu
lassen. Er konnte die Folgerungen ziehen aus den Gestalten
und aus dem großen Wurf der Gesamtanlage. Dann wurde
er, bei siärkerer Betonung des Formalen, eben ein deutscher
Rubens; oder er gab, bei tieferer Verinnerlichung, etwas dem
Michelangelo und seinem Terribile Verwandtes. Er konnte
ferner die Folgerungen ziehen aus der Beseeltheit der Köpfe,
wie er eben ihre Beseeltheit empfand, und dann mußte das
Jtalienische weichen. Italien hatte ihm die Fähigkeit gegeben,
über das Kleine wegzusehen; Italien konnte ihm aber nicht
die Auffassung des Großen übermitteln, die uns in Deutsch-
land taugte.
Das war die Lage. Diirers Entscheidung aber war,
daß er sich in jene unvergleichlichen Bildnisse um 151o ver-
tiefte, die ihn das Fremde überwinden ließen und aufs Neue
ihm die Wege ebneten zu deutscher Art.
4.
Noah einen Anlauf nahm Dürer in der Richtung der
sogenannten großen Malerei, um dann für immer frei zu
fein. Es if? die Anbetung der Dreifaltigkeit, auch Aller-
heiligenbild genannt. Das Bild felbfi besitzt die Wiener
Galerie, Rudolf ll. kaufte es 1585 den Nürnbergern um
7oo Gulden ab (zunc"ichfi ward es nach Prag gefchafft). Der
von Dürer gezeichnete und unter feiner Aufsicht gefohniizte