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I.
Als Dürer 1494 in die Heimat zurückkam, da fand er
ein anderes Nürnberg vor. Nun, zwölf Jahre später bekam
Nürnberg einen anderen Dürer zurück. Das war noch das
Mindesie, daß er ein wohlhabender Mann geworden war,
daß er jetzt seine Schulden abzahlen und das elterliche Haus
von der letzten Last befreien konnte. Entscheidend war die
innere Wandlung. Als Dürer auf Gesellenfahrt war, hatte
die Vaterstadt ihn überholt, kraft jenes freien Geistes, den
der Humanismus gab. Jetzt war es umgekehrt. Ohne Ver-
mittler hatte er sich aneignen können, was draußen in der
Welt an neuen Gedanken umging. Nun war ihm offenbar
geworden, was eigentlich die neue Welt emportrug, und was
die Schwärmer für das Antikische in den neunziger Jahren
nur hatten ahnen können. Über ein Jahr lang hatte er sich
in der vornehmen Gesellschaft bewegt, deren lässig sichere
F2errenart den Deutschen so viel Eindruck machte.
Er hatte Sinn bekommen für das, was den Gentilu-
omini als schicklich galt; so viel Sinn, daß sie ihn für einen
der Ihrigen nahmen und Wert darauf legten, ihn dazube-
halten. Seine Nürnberger Freunde mochten spotten über
feinen welschen Mantel und französischen Rock, vielleicht
Auch über manche seiner neuen Angewohnheiten. Eins aber
spotteten sie ihm nicht weg: seinen neuen Künstlerblick, seine
Fähigkeit, die Dinge auf italisch zu sehen, groß, gemessen,
VUhig, und mit Bewußtsein sich verschließend gegen alles
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