6 Wanderjahre
loren, ist begreiflich. Keller zeigte eine Reihe von Eigen:
schasten, die Böcklin selbst auszeichneten und die er an anderen
immer so sehr schätzte: neben ungewöhnlicher Begabung eine
warme Liebe für die Kunst, unermüdlichen Fleiß, Treue,
schlichtes und ehrliches Gefühl und vielleicht einen gewissen
Mangel an äußerem Auftreten, der gerade der inneren Echt;
heit entsprang. Schade, daß uns Äußerungen Böcklins über
seinen Freund aus jenen Lehr: und Wanderjahren nicht vor:
liegen. Diejenigen Kollers nach Hause sind sympathisch und
anziehend, schon wegen der warmen, anhänglichen Freund:
sihaft, die sie bekunden; und sie würden zweifelsohne Böcklin
und ihre gemeinsamen Kunstinteressen häufiger streifen und
erörtern, wenn er bei seinen Eltern der Vater war
Metzger aus lebhafteres Verständnis solcher Fragen hätte
rechnen dürfen.
,,An meinem Landsmann Böcklin,7t berichtet Keller den
2. Februar 1847 den Eltern, ,,habe ich einen sehr guten
Freund, von dem ich im Landschastlichen öfters Nutzen ziehen
kann. Er ist sehr haushiilterisch und hat viel Talent.J7
Hatte Keller, den Samstag ausgenommen, jeden Wochen:
abend auf der Akademie bis neun Uhr abends Akt ge,
zeichnet, so setzten sich die beiden auf dem Zimmer noch
zusammen und lasen bis elf Uhr, manchmal bis ein Uhr,
mit Vorliebe in deutschen Dichtern. ,,Wir können uns zu:
sammen weiter sortbilden,77 ließ KolIer die Seinigen wissen
und verbarg ihnen seine Beschiimung darüber nicht, daß sein
neuer Freund nicht nur viel belefener und geschulter, sondern
auch weit reichlicher mit Büchern ausgestattet war als er
selbst. An den Wintersonntagen versuchte er sich im Radieren,
,,worin ich von meinem Landsmann Böcklin aus Basel An,
leitung erhalteV 1s.
Sonntags unternahmen die Freunde bei schönem Wetter
1J Daß Böcklin damals in
H. A. Schmid a. a. O. S. 17.
Düsseldorf
radierte,
ersieht
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Alls