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Ein unbestritten echtes, gleichfalls noch ziemlich frühes Jugendwerk Tizians
ist ein Marienbild in der kaiserlichen Gemäldegalerie zu Wien, das im Volks:
Munde die sonderbare Bezeichnung ,,ZigeunermadonnaU führt CAbb. 4J. Hier ist
die Formengebung schon eine durchaus sichere; namentlich in der Gestalt des
Kindes fällt der Fortschritt in der Zeichnung gegenüber dem erstgenannten Wiener
Bilde sofort in die Augen. Ein allerliebstes gesundes Knäblein ist dieses Jesus:
kind, das, an die Mutter angelehnt, auf einer Steinbrüstung steht und spielend
mit dem einen Händchen die Falten von Marias Mantel, mit dem anderen die
Finger der haltenden Mutterhand anfaßt. Diese Maria ist durchaus keine ge:
suchte Jdealschönheit, sondern nur eine hübsche Venezianerin; aber es liegt etwas
Weihevolles über ihrem stillen, bescheidenen Antlitz und über ihrer von Schleier
und Mantel umhüllten Gestalt, das mit der Stimmung der Linien und Töne des
ganzen Gemäldes zusammenklingt und dasselbe zu einem echten Andachtsbild
macht. Den Hintergrund bildet zum Teil ein grünseidener Vorhang, zum Teil ein
Blick ins Freie; da sieht man in eine Hügellandschaft, in der sich ein volles Gefühl
für die Poesie der unter blauem Himmel sich ausdehnenden Weite ausspricht.
In der nämlichen Galerie zeigt ein anderes Marienbild, die sogenannte
,,KirschenmadonnaE CAbb. 5J, uns den Künstler wieder auf einer reiferen Stufe
der Entwicklung, im VollbesiZ reichen malerischen Könnens, das den feinsten
Farbenempfindungen Ausdruck zu geben vermag. Maria, holdselig und vornehm,
mit einem Gesicht von lieblicher Fülle der Formen, heftet einen echt mütterlichen
Blick auf das Kind, das mit freudiger Eile ihr einige von den Kirschen anbietet,
die vor ihm hingelegt worden sind und auf die der kleine Johannes mit einem
kindlichen Verlangen hinblickt, das ebenso natürlich wiedergegeben ist, wie die
Mitteilensfreude des kleinen Jesus. Zu beiden Seiten des roten, goldgemusterten
Stoffes, der für die mit einem faltenreichen hellroten Gewande und blauem Kopf:
tuch bekleidete Jungfrau den Hintergrund bildet, werden Joseph und Zacharias
sichtbar, dunkle Köpfe, die sich kräftig von der blauen Luft abheben der erstere
leider durch charakterlose moderne Übermalung verunstaltet.
Ähnliche Stimmung, aber reichere Wirkung zeigt das herrliche Bild der
Dresdener Gemäldegalerie, auf dem das Jesuskind, auf dem Knie der Mutter
stehend und von Johannes dem Täufer, der hier als erwachsener Mann erscheint,
unterstützt, sich drei herantretenden Heiligen zuwendet CAbb. 6J. Die Lichtgestalt
des Kindes wird hier einerseits durch einen dunkelgrünen Vorhang, vor dem die
Figur des Johannes in braunen Tönen sich unterordnend steht, anderseits durch
das rote Kleid Marias hervorgehoben. Auf dem Schoß Marias liegt der blaue
Mantel, und ihr Kopf steht ganz hell in hell, indem er sich mit einem weißen
Schleier von der weißbewölkten Luft abset3t. Auf derselben Luft steht dann ganz
dunkel der Kopf eines im tiefsten Schatten des Bauwerks, das weiterhin den
Hintergrund bildet, befindlichen Heiligen, der sich in ehrfürchtiger Verneigung
vorbeugt und den der wallende Bart und das Schwert als den Apostel Paulus
kenntlich machen. Der Schatten überzieht auch das ganze sichtbare Stück des
Bauwerks und, nach vorn an Tiefe abnehmend, die Gestalt des heiligen Hiero:
nymus, der als Büßer dargestellt ist, wie er in heißem Gebet zu einem Kruzifix
aufblickt, mit herabgestreiftem Kardinalsgewande und entblößter Schulter. Die
ganze Dunkelheitsmasfe, die auf diese Weise gebildet ist, wird wieder geteilt durch
die helle Gestalt einer weiter vorn stehenden weiblichen Heiligen. Von der Seite
einfallendes Licht und der Lichtwiderschein von der Hauptgruppe überziehen das
weiße Seidenkleid und die feine Haut und das blonde, künstlich geordnete und
mit einem blaßvioletten Bande geschmückte Haar dieses Mädchens mit einem
weichen Schimmer. Es ist Maria Magdalena, die das Salbengefäß, durch das
sie gekennzeichnet wird, dem Christuskinde darbietet. Ihre rechte Hand, die das
Gefäß hält, wird durch den von der Schulter herabgeglittenen Mantel, dessen
anderes Ende sie mit der Linken gefaßt hat, zugedeckt; dieses Stück Mantel, das