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Robert Mielke:
Bildes mehr allerdings noch der Tapete können wir allenfalls in den altnordische11
Teppichwebereien erblicken, die in einfacher Technik von der Hand der Familienangehörigen
gewebt, im Bauernhause vielleicht hier und da vorkommen, aber auf Bildcharakter keinen
Anspruch machen können. Erst in fürstlichen Häusern, in Kirchen usw. entwickeln sie
sich zu eigentlichen Bildwebereien von gröÃter künstlerischer Bedeutung, die indessen für
das Bauernhaus keinen Einfluà haben.
Die Bauernwohnung bewahrte also den urväter"lichen Charakter des Be-dürfnislosen
noch bis in die Neuzeit, stellenweis bis in den Anfang des neunzehnten Jahrhunderts
hinein. Der Herd, aus dem sich nach Abtrennung der Küche ein Ofen entwickelte Und
wenige Gebrauchs-möbel bildeten die ganze Einrichtung. Der Maler Beham (l5()0 bis
1550), einer der fruchtbarsten Kleinmeister, hat einen Stich geschaffen, der eine Spinn-
stube darstellt. Decke 11nd Wände sind mit Holz bekleidet; Bänke, ein viereckiger Tisch
und ein mächtiger Kachelofen vollenden die Ausstattung. Weder Bilder noch andere Aus-
schmückungsgegenftände sind vorhanden, nur hauswirtschaftliche Geräte und aufgespa11I1tE
Laken lassen die noch nicht überwundene Gewöhnung häuslicher Arbeit erkennen. Das
ist das typische Bild der Banernwohnung, welches durch viele hundert andere Abbildungen
unter ihnen die häufigen Darstelluugen der Verkündigung nnd anderer heiligen Vorgänge
bestätigt wird. Selbst Kruzisixe und Heiligenbilder heute in katholischen Gegenden
ein unumgänglicher Zim1nerschmuck suchen wir vergebens; auch sie sind U"ft spät,
1neistens im siebzehnten Jahrhundert und nach der sogenannten Gegenrefor111ati011 il! das
deutsche Zimmer gelangt.
Selbst in die kleineren bürgerlichen Wohnungen dringt das Bild recht spät ein;
noch im siebzehnten Jahrhundert fehlt es fast ganz und gewinnt erst mit der wohlfeileren
Herstellung von Tafel- und Spiegelglas also mit dem Anfange des achtzehnten Jahr-
hunderts eine allgemeinere Verbreitung. Das ist ein äuÃerer Umstand, der lose an