Bertel
Thorwaldsen.
ist ein durchaus richtiges Gefühl, daß die
Nachwelt dem fernab von dem festlichen
Getümmel siYenden Angler, der einen Fisch
herauszieht, den Vorzug vor dem Triumphator
selbst gegeben hat. Thorwaldfen hat übrigens
später selbst eingestanden, daß es ihm auch
in den Un1arbeitungen nicht gelungen sei,
das Theatralische in der Stellung Alexanders
zu entfernen. Vielleicht in keinem seiner
Werke tritt der Mangel an Natnrstudien so
auffällig hervor wie in diesem. Er sah
alles nur durch die Brille der Antike, wobei
es ihm, wie übrigens den meisten seiner Zeits
genossen, an scharfer Unterscheidung zwischen
Meifterwerken und handwerksmäßigen Stein;
meHarbeiten fast völlig gebrach. Daß er
keine Naturstudien nach Löwen und Tigern
gemacht hat, wollen wir ihm nicht zum
Vorwurf machen, weil es damals und auch
jetzt noch in Rom an Modellen fehlte.
Den Jtalienern ist der Begriff und die
Bedeutung eines zoologischen Gartens für
wissenschaftliche Zwecke bis auf den heutigen
Tag völlig fremd geblieben, weil das Tier
im Anschauungskreise des Italieners auf
der niedrigsten Stufe der Schöpfung steht.
Immerhin hätte Thorwaldfen Abbildungen
zu Rate ziehen können. Aber die Hast, mit
der er fortan zu arbeiten gezwungen war,
ließ ihn gar nicht dazu kommen, nach
solchen Hilfsmitteln zu fragen. Er schüttelte,
wie es in der modernen Künstlersvrache
heißt, sozusagen alles aus dem Handgelenk
heraus. Für den Alexanderzug hat er sich
nicht einmal die Mühe gegeben, Pferde und
Schafe, an denen in Rom wahrlich kein
Mangel ist, nach der Natur zu studieren. Es
wäre ihm auch nicht vornehm genug gewesen,
weil diese niedrigen Tiere nur in der
fnmmarischen Stilisierung der alten Römer
in seine heroische Komposition paßten. An
dieser Überzeugung hat er, der sonst ein
großer Tierfreund war und zum hellsten
Ärger Anna Marias seine Hunde zärtlicher
liebte, als die Mutter seines Kindes, sein
Leben lang festgehalten. Als er mehrere
Jahre später das Modell zu dem berühmten
Löwen in Luzern in Angriff nahm, hatte
er immer noch keinen wirklichen Löwen
weder lebend noch in einem ausgcftopften
Exemplare gesehen.
Die nächsten Jahre nach der Vollendung
des Alexanderzuges brachte in Thorwaldsens
Leben mannigfache Aufregungen u11d Uns
ruhen hinein, die aber in seinem Herzen
keine tiefen Spuren hinterließen, ihn jeden;
falls nicht aus dem seelischen Gleichgewicht
brachten. Die Eifersuchtsscenen seiner Ges
Genius
der Poesie.