lH21
steht die Jugend fortan über seinem ganzen kiinstlerischen Werdegang. Er ist der
Heimat treu geblieben bis auf den heutigen Tag, wo der große Meister längst Guts-
besitzer mit Schaf- und Viehherden in Murrhardt geworden ist und wo kein Jahr
vergeht, in dem er nicht für Woc)en und Monde stiller angestrengter Arbeit
auf den Boden seiner schwäbischen Heimat zurückkehrt. Es ist in der Tat ein
prächtige5 Menschenschicksal, das in diesem Meister verkörpert ist, der den engen
Kreis seiner Jugendimpressionen von Jahr zu Jahr immer weiter zu spannen
gelernt hat, der in diesem Sinne auch dem alten Spruch neue Wahrheit gibt, daß
ein echter Künstler nur eine Handbreit Erde gebraucht, um sich darauf zu entdecken.
Heinrich Zügel hat seine Memoiren nie geschrieben und wird sie wohl nie
zu Papier bringen. Unsre heutige Kunst hat auch nach dieser Seite hin eine
Wandlung durchgemacht, denn nie in einer Zeit die Nenaissance vielleicht
ausgenommen ist der Künstler auch als Schriftsteller gleich hoch eingeschät3t
worden wie gerade gegenwärtig. Neben Gauguin, van Gogh und Segantini, die
immerhin durch Publikation ihrer Schriften nach dem Tode entschuldbar sind,
sind Trübner und Louis Corinth getreten, beide noch lebende Meister, von denen
vornehmlich der letztere durch seine Jugendbeichten viel zur richtigen Erkenntnis
seiner Kunst beigetragen hat. Und dennoch hätte auch Corinth nicht von seinem
Leben sprechen sollen. Wiißte man nichts davon, man hätte es nie anders ein-
geschätzt, als es wirklich gewesen ist. Er hätte vielleicht der Phantasie seiner
Freunde manches zugute halten müssen, aber diese Phantasie wäre doch stets in
die richtigen Bahnen hineingeraten, weil nämlich auch Corinth eine Persönlichkeit
ist, die fast allein nur aus dem Milieu erklärt werden kann, in dem er aufwuchs.
ZiigelS Memoiren dagegen sind seine Schöpfungen. Die frühesten von ihnen sind