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hundert je seine nationale Kunst hätte entdecken können ohne den religiösen und
politischen FreiheitSkampf gegen den spanischen Erbfeind, ich glaube selbst nid)t
an den Glanz des deutschen Rokoko, wenn nicht der Dreißigjährige Krieg radikal
mit jeder Tradition gebrochen und die danach erstehende neue Kultur für fremde
Einflüsse aufnahmefähig gemacht hätte. Ich glaube noch weniger an die Ne-
naissance ohne die welterschütternde Bewegung der Kreuzzüge, die ihren legten
Abschluß doch erst in der Eroberung KonstantinopelS durch die Türken gefunden
haben. Selbst die griechische Kunst der SkopaS und PhidiaS ist undenkbar ohne
die Freiheitskämpfe gegen die Perser. Kriege, so furchtbar und verheerend sie
im einzelnen sind, waren im Rahmen der Weltgeschichte noch immer Gewitter,
die nach Entladung ihres elektrischen Zündstoffes eine frische Luft mitbrachten,
in der sich dann das Neue ungehemmt entfalten durfte.
Wer aber die Geschichte der modernen Kunst schreiben will, kann kaum einen
bessern Anfang machen als bei den Jahren, die dem deutsch-französischen Kriege
gefolgt sind. Der Kulturhistoriker muß dem unbedingt zustimmen und er allein
ist auch der Urteilsfähige über jede künstlerische Eoolution, die letzten Endes immer
ein Stück Kulturgeschichte umschließt.
Als in Deutschland der große Krieg gegen Frankreich losbrach, war Heinrich
Zügel gerade zwanzig Jahre. Das politische Leben hatte ihn nicht ergriffen,
sein Wunsch, gegen den alten Erbfeind mit ins Feld zu ziehen, blieb unerfüllt.
Als kräftiger Naturbursche war er ausgewachsen mitten in Schwaben, das der
deutschen Kultur so viele große Persönlichkeiten geschenkt hat. Seine Wiege stand