228
VIIl.
Von
deutscher
Art
und
Kunst.
Troß dieser und vieler andern Uebelstände brachen deut:
sches Leben und deutsche Sinnesweise entlang des Rheines
sich unaufhaltsam Bahn, im Eifelgebirge und Hundsriick, oben
auf der stillen Hardt wie im grünen Was: und Sundgau, überall
wo die Volksstimme sich aussprechen durfte, siegte das deutsche
Element über die aufgedrängte und nicht selten von oben herab
begünstigte Fremdländerei. Bei unsern Sindentenversammlungen
stellten sich regelmäßig Abgeordnete aus Straßburg, Kolmar,
Mömpelgard, Saarburg und andern noch tiefer in Frankreich
liegenden Orten ein, wie wir unsererseits häufige Ausflüge in die
Thäler der Vogesen, nach Wassenheim, Maurmünster und Bitsch
veranstalteten. Das französirte Straßburg gern vermeidend, fiel
uns jungen Leuten schon in den Jahren 1824ss25 aus, daß
das Landvolk im Elsaß durchaus deutsch gesinnt sei, auch den
Anschluß an Deutschland wünsche, aber gegen die sämmtlichen
diesseitigen Regierungen eine uniiberwindliche Abneigung hege.
Im ganzen verstanden es die Leute sowol der französischen wie
der deutschen Rheingegenden bald, den edeln Kern herauszusinden
aus dem Plunder, welchen eine verflachte Zeit und verdorbene
Wirthschafterei aufgehäuft hatten: die politischen Ansichten klär:
ten sich, und Elsas; wie Deutsch:Lothringen würden sich nie in so
hohem Grade von uns entfremdet haben, wenn nicht in jüngst:
verflossener Zeit die VerheHerei der Massen mit höchster Virtuo:
fität betrieben worden wäre.
Heute, nach fünfundvierzig Jahren, denke ich noch mit Ver:
gniigen daran, wie Hunderte von Kinderköpfen aus den breiten
Fenstern zu Brumat lustig herausgrüßten, als wir das ,,Turner
ziehnU anstimmten und durch den Flecken in gemessenem Schritt
marschirten. Wie von den Kindern sahen wir uns auch von den
Erwachsenen herzlich nnd gastlich aufgenommen; ein Glas Milch
oder Wein, ein Butterbrot wurde überall geboten, ohne daß im
entferntesten ein Wunsch geäußert worden wäre.
Ganz anders, aber viel unerfreulicher sah es aus, als ich
etwas später im lieblichen Etschthale weilte, um Studien zu
machen. Es war um das Jahr 1830, und meine Blicke hatten
sich einigermaßen geschärft, als ich das unheimliche Treiben ge:
wahr wurde, durch welches welsche Sprache und deutschfeindliche
Gesinnungen herübergeleitet wurden in urdeutsche Gefilde. Schon