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menscbenfreundliche Genien gemildert, welche sie umspielen, sich an dem angesponnenen
Lebensfaden erfreuen, an dem fortgeleiteten Theil nehmen und von Schmerz ergriffen
werden, wenn die grausaine Scheere ihn zerschneidet. Das selige Gefühl, welches
das Leben im Element der Begeisterung hervorruft, ist in einer Anzahl der schönsten
Nymphen, die man auch flügellose Psychen nennen könnte, ausgedrückt, welche Ich
in und um diesen Brunnen bewegen. Einige smd fast ganz in das heilige Element
eingetaukht, andere schöpfen, gießen und spenden es in den anmuthigsten Stellungen.
Oben rückwärts zunächst die Musik des Waldes. Ein Hirt, die Syrinx dlasend,
von Frau, Kind und Thier umgeben, wie ein sanfter Klang aus der Ferne, nur
leicht angedeutet. Wie auf der einen Seite sich der Held dem heiligen Brunnen
nahte, so auf der andern, etwas höher, Werkleute, zwei Jünglinge mit Winkelmaß
und Loth, der bereits im Schöpfen begriJene Dichter nnd unten der schon bejahrte
Gesetzgeber, iim eben so für ihr Wirken die höhere Weihe zu empfangen. Darauf
folgt schon bei anbrechendem Dämmerscheine die Werkstatt des bildender: Künstlers
CRauch7s Züge tragcndJ, welcher, von dem Genius neben ihm begeistert, emsig an einer
Reliefsigur meifzelt, während Gehülfen mit dem Messen durd; das Loth und mit der
Bearbeitung des rohen Steinblocks beschäftigt Jud. Die Natur selbst führt gefällig
auf Verzierungen hin, und der Acanthus schlingt sich in der Nähe jener Werkstatt
um die Formen des korinthischcn Eapitäls. Die Weinlese, wobei Jünglinge von
der sich an den Tempel lehnenden Weinlaube Trauben herabreicheu , die ein Knabe
unter Aufsicht eines mit Weinlaub bekränzten Alten tritt, kündet den gekommenen
Abend sund Herbst. Die zugleich hereinbrechende Kühle erfordert schon die heimliche
Flamme des Heerdes, woran die Mutter das sich am Glanze freuende Kind wärmt.
Oben nach vollbrachten Thaten zuriIekkehrende Helden, der Anführer von einer Blei
toria bekränzt. Mit der Nacht und dem Winter, die jetzt folgen, hat sich zwar
auch das Alter eingestellt, doch ist mit der Jugend nicht zugleich die Begeisterung
von ihm gewichen, sondern se erquickt es noch in verschiedener Gestalt. Ein Alter,
an einen Baum gelehnt, sieht dem Reigentanze der Musen zu, die ihn noch spät
im Mondesglanze besuchen. Ein ergrauter Weiser schnitt, auf hohem Felsen am
Meere sitzend, in den Nachthimmel hinaus, um den Lauf der Sterne zu ergrüiis
den, in der Nähe ein Fels am Meere, worauf entlaubte Bäume. Psyä;e, welche
ihm indes: in seiner Wohnung die Lampe angezündet, schaut sich sorglich aus der
T.hür derselben nach ihm um. In einem am Ufer des Meeres hingestreckten Greise,
dem das Element, in dessen Betrachtung er versunken ist, in Gestalt einer ihm
winkenden Nymphe entgegenkommt, ist der geheimnisvolle, sehnsiichtige Zug, welchen
das Wasser aiif den Menschen ausübt, angedeutet. Während ein kühner Schiffer,
Schinkel7s Züge tragend, den Gruß von einer der tanzenden Musen, die ihm die
Hand reicht, empfängt, stößt ein anderer schon das Schiff mit dem Ruder ab, um
in das weite, mondbeglcinzte Meer hinauszufahren und jenseits desselben die Begeis
sterung der Musen auch nach fernen Welten zu tragen. Am nächtlichen Himmel
steigt Selene auf ihrem Gespann zum Meere hinab.
12. Traum am Tumulus, Ahnung eines neuen Tages. 22k Zoll hoch, 2 Fuß lang.
.Der Schluß des Jrdischen und seine Verklärnng. Auf einem Grabhügel, der
Ach am Ufer des Meeres erhebt, so daß, wie Homer sagt, die Schiffer ihn in
weiter Ferne sehen können, sind die Angehörigen des Dahiugeschiedenen schon am.
frühen Morgen zur Trauer versammelt. Oben ruht die Mutter mit dem kleinsten
Kinde, dicht neben ihr der älteste Sohn, von jest an ihr Schiiher. Zunächst ein
Blumen auf das Grab streueiider Knabe, von einein älteren gehalten,szur Seite
ein Jüngling mit einer Palme. Ani Fuße des Tumulus, der sich in mehreren
Stufen erhebt, sechs Jungfrauen in lebhaften Gebcrden des Schmerzes am Boden
hingestreckt. Hinter Mist schönen, sich dunkel abhebeuden Gruppe steigen am Hinii
met die l3ichtgenien des Morgens , unbekümmert um das vergcingliche Dasein der
Sterblichen und die irdische Trauer, in den schönsten Gestalten nnd Bewegungen
mit dein Ausdruck heiliger, seliger und heiterer Feier in unvergänglicher Frische empor
und verkünden den Anfang eines neuen Tages, welcher mit der Sonne hinter Wolken
emporzusteigen verspricht.