386
Rückblick.
naiven Kultus der hiilfreichen Geister des Lichts und der hellen Luft,
die von den Arja im Pendschab mit tiefem religiösen Sinn, mit leb:
hafter Phantasie angerufen wurden, warfen die Bewegungen der
Auswanderung und Eroberung das Leben dieses Volkes mit der Ers
werbung ausgedehnter Gebiete in neue Bahnen. Die Furcht vor
den Geistern der Nacht und der Dürre, die Vorstellungen von dem
Kampfe der guten und der bösen Geister wichen zurück vordem
Segen und der Fruchtfiille seines neuen Sitzes. Das Gangesland
ließ die sinnige Empfindung der Natur in phantastische Anschauungen
übergehen; das Klima erhitzte die ohnehin reizbare Sinnlichkeit dieses
Volkes, während es zugleich die Thatkraft hemmte und zur Beschaulichs
keit einlud. Gegen die erdriickende Vielheit der neuen Natureindriicke
erhob sich der Trieb der Zusammenfassung, gegen die Menge der
Götter das Bedürfniß der Einheit des göttlichen Wesens, gegen
den Sensualismus der Spiritualismns, gegen die Phantasie die Ab:
straktion. Der Geist des Gebets, der heilige Geist und die Welt;
seele wurden von der Priesterschaft verschmolzen und zum höchsten
Gotte erhoben. Dieser Sieg des Brahman über den Jndra hat
das Schicksal der Jnder entschieden. Mit der Emanationstheorie
der Welt aus der Substanz des Brahman war die ständische Glie:
derung, welche sonst, wie sie naturgemäß hervorgetreten war, im
Laufe der Entwickelung wieder überwunden worden wäre, durch den
unterfchiedenen Antheil der Stände an dem Wesen des Brahman für
immer befestigt; mit der Ausströmung war die Forderung der
Riickströmung und damit die Lehre von den Wiedergeburten, welche
die durch ihre Natur und ihre Sünden unreine Kreatur zur Rettig
heit der Weltseele läutern sollten, gegeben; es war damit da das
Brahman wesentlich als NichtiMaterie, NichtsNatnr gedacht war,
eine Auseinanderreißung, ein Gegensatz von Natur und Geist, des
natürlichen und des geistigen, Menschen aufgestellt, der seitdem der
Angelpunkt der religiösen, der geistigen Entwickelung der Jnder ges
worden und geblieben ist. Jhre Ethik wurde Ascetik, ihr Kampfes:
muth verwandelte sich in das traurige Heldenthum der Biißer. Und
die Ethik der Inder blieb nicht bei der Abkehr von der Sinn,
lichkeit, bei der Abtödtung des Fleisches stehen. Es genügt nicht
den Körper zu quälen nnd zu zerbrechen; auch das Ich, das Be:
wußtsein muß in das Brahman ausgehen. Aber das Brahman .beZ
saß, indem es Alles und wiederum nichts Bestim1ntes sein sollte,
keine dankbare Qualität und die Versenkung in diesen unpersönlich