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Das
Erbrecht.
thum. Das Gut, welches der Vater ererbt hat, das Stammgnt
der Familie, darf er jedoch nicht ohne Einwillignng der Söhne ver:
äußern; nur was er selbst dazu erworben, mag er veräußert: oder
unter die Söhne vertheilen. Nach dem Tode des Vaters, so lange
die Mutter lebt, theilen die Söhne das Vermögen nicht. Der älteste
Sohn tritt an die Stelle des Vaters; ihm muß sich auch die Mut:
ter unterordnen. Auch wenn beide Eltern gestorben sind, ist es am
besten, wenn die Söhne das Vermögen nicht theilen und unter dem
ältesten als Familienhaupt weiter zusammenleben. Man befolgte
diese Lehren des Gesetzbuchs wenigstens in vielen Fällen; in den
Erzählungen der Buddhisten ermahnen die Väter ihre Söhne, nach
ihrem Ableben nicht zu theilen. Wird getheilt, so soll der älteste
Sohn nur dann das beste Stück fordern dürfen, wenn er gelehrter
und tugendhafter ist als die übrigen; sonst soll stets gleich. getheilt
werden O. Indes; sucht eine andere Ansicht im Gesetzbnche auch
hier den Kastenunterschied hineinzubringen, so daß, wenn der Vater
mehrere Frauen aus verschiedenen Kasten gehabt hat, die Söhne
derer aus den höheren Kasten bevorzugt werden. Wenn z. B. ein
Brahmane Frauen aus allen vier Kasten gehabt hat, soll die Erbss
schaft in zehn Theile getheilt werden; der Sohn der Brah1nanin
erhält, vier Theile, der der Kshatrija drei, der der Vaigsa zwei,
der Sohn der Endra nur einen Theil. Fehlen alle Verwandten bei
einer Erbschaft, so fällt diese an die Brahmanen, um davon die
Todtenopfer darbringen zu können. Das Vermögen eines erblofen
Brahmanen fällt an den, welcher ihm die Einweihung durch die
lltngürtung mit der heiligen Schnur ertheilt hat.
Die Einheit in Recht und Sitte, welche das Gesetzbuch für
alle Gebiete Indiens zwischen dem Himalaja nnd den Vindhjabergen
festzustellen beabsichtigte, wurde nicht vollständig erreicht. Das ge:
sammte Jndusland war der Entwickelung, welche das Leben der
Ansgewanderten an der Jamuna und Ganga erfahren hatte, der
Bildung und dem Siege des Priesterthu1ns, der Reform des Glanss
bens, der Fixirung und Abschließung der Stände nicht gefolgt. Es
hielt die älteren Formen des indischen Lebens fest nnd nur in den
II Mann O, 1U4...22U. Bu1sI1ouf iutr0ci. P. 289. In den Sulra wird
eine Theilung in einer Kaufmaunsfamilie erzählt, nachdem sich die Brüder vers
einigt haben, wonach der älteste das Hans und die liegenden Gründe, der
andere den Laden, ein dritter das Gesäjäft außer Landes erhält; Bumouf I. c.
p. 242.