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Abschnitt.
Neunter
Conftantin
und
Kirche.
die
war Athanasius schon wieder am Hofe; als ich gerade Cschrieb der
KaiserJ in Constantinopel einritt, begegnete er mir plötzlich mit den
Seinigen; Gott ist mein Zeuge, daß ich ihn nicht einmal sogleich er:
kannte, anfangs auch gar nichts von ihm wissen wolltest 2c. Die Folge
dieses Zusammentreffens war, daß Constantin die Väter von Tyrus
zu schleuniger Rechtfertigung ihres Betragens und ihrer Beschlüsse
nach der Hauptstadt citirte. Da wagten sie den ersten Ungehor:
s am ; statt aller erschienen nur die sechs Häupter der Partei, und nun
gab Constantin, obwohl nicht unbedingt, nach und verbannte den
Athanasius nach Trier, verfiigte ader, daß der Stuhl von Alexandrien
nicht beseHt werden dürfe, offenbar in der Absicht, den Athanasius zu
gelegener Zeit wieder einzusehen.I Es ist nicht leicht zu entscheiden,
ob Constantin etwa vor dem Troh der Bischöfe erschrak, oder was
sonst seinen Entschluß leitete; die Kläger sagten ihm, Athanasius habe
gedroht, die Abfahrt der ägyptischen Kornflotte hindern zu wollen,
allein dieß glaubte ihnen der Kaiser wahrscheinlich nicht, selbst wenn
er sich gläubig stellte. Daraus beschied er den Arius nach Constanti:
nopel, wie es schien in der huldreichsten Absicht. Aber nach einem
Besuch im kaiserlichen Palaste C336J wurde Arius auf der Straße
plöhlich unwohl und verschied gleich darauf in einer nahen öffentlichen
Latrine, welche noch nah hundert Jahren als Merkwürdigkeit gezeigt
wurde. Ob er Gift bekommen hatte und von wem, bleibt zweifelhaft;
Constantin hatte kein Interesse dabei.2
Er hätte ohne Zweifel gerne eine stätige, einträchtige Reichskirche
gehabt, aber die stärksten Schwankungen waren eingetreten. Bei seiner
innern Neutralität wurde es ihm nun nicht schwer, die kirchlichen Par:
teien in der Schwebe zu halten und keiner sich bleibend hinzugeben.
Er ließ sie daher abwechselnd siegen und sorgte nur immer durch kräf:
tige Eingrifse dafür, daß man Jhn und seine Macht nicht vergaß. Er
I Daß er ihn vor der Wuth der Gegner in Sicherheit bringen wollte,
wie in einem Briefe Constantin7s II. behauptet Wird, ist gar UiChk
durchaus unwahrscheinlich. soomtes II, Z.
2 socra.tes I, 38 läßt den Arius durch den orthodoxen Bischof Alexans
der von Conftantinopel todt beten und sucht in seiner Beschreibung
des TodesfalIes indirect dem Verdacht der Vergiftung zu begegnen.
SOZom. II, 30.